Um 8 Uhr öffneten im Saarland die Wahllokale. Ministerpräsident Hans, CDU, liegt laut Umfragen weit hinter Gegenkandidatin Rehlinger, SPD. Wer von beiden macht heute das Rennen?
Ein blaues Tablet fährt auf einem Stativ durch die Fußgängerzone. "Robi Tobi", der mobile Ministerpräsident. Junge Leute begleiten ihn, "Tobias Hans Team" steht auf den Pullovern. Der echte Landeschef steuerte ihn, Corona-positiv, aus dem Homeoffice. "Ach jo, du hasch ja Corona", ruft ein Passant, wünscht gute Besserung.
"Robi Tobi" war ein erfolgreicher Wahlkampf-Coup. Im Gegensatz zum Selfie-Video, in dem Hans die hohen Spritpreise monierte und dafür einen Shitstorm kassierte.
CDU lässt ihren Kandidaten Hans allein
Die große Wahlkampfabschlussparty wurde abgesagt. Vorteil: So merkte niemand, dass er der einzige Kandidat war, bei dem sich keine Unterstützung aus Berlin angemeldet hatte. Die CDU dort ging auf Tauchstation.
Man hörte, Berlin finde seinen Wahlkampf nicht gut und gehe angesichts desaströser Umfragewerte sowieso von einer Niederlage aus. Für eine Partei, die sich gerade neu aufstellt, demonstriert das wenig Zusammenhalt.
Anke Rehlinger bekam dauernd SPD-Besuch. Malu Dreyer und Saskia Esken, Kevin Kühnert, Lars Klingbeil und Kanzler Olaf Scholz kamen ins Saarland zur wahlkämpfenden Vize-Ministerpräsidentin, die das "Vize" jetzt gerne loswerden will. Laut Umfragen könnte sie das schaffen.
Fünf Prozent - eine echte Hürde für die kleinen Parteien
In denselben Umfragen deutet sich ein eigenartiges Szenario an. Alle kleineren Parteien müssen um ihren Einzug ins Saar-Parlament zittern. Ausgenommen vielleicht die AfD, die mit schwachen 6,5 Prozent das drittbeste Umfrageergebnis hat. Dabei ist die Partei zerstritten und hat deshalb nicht einmal einen Spitzenkandidaten.
"Anke Rehlinger (SPD) ist sehr stark verankert", so Susanne Freitag, ZDF-Studioleiterin Saarland. Der amtierende Ministerpräsident "Tobias Hans (CDU) hat den Job geerbt."
Es könnte theoretisch passieren, dass die AfD einzige Oppositionspartei bei einer Riesen-Groko wird, oder dass bei einem Wegfall vieler kleinerer Parteien die SPD mit absoluter Mehrheit regieren könnte. Die Vielfalt im Landtag steht auf der Kippe. Aber abwarten, es sind Umfragen.
Streitigkeiten bei Grünen und Linken
Die Grünen hatten wegen parteiinterner Streitigkeiten keine Liste bei der Bundestagswahl. Die neue Spitzenkandidatin, Lisa Becker, hatte es erfolgreich vermieden, diesen Streit im Wahlkampf in die Öffentlichkeit zu ziehen, beigelegt ist er aber nicht.
Bei der Linken schmiss Zugpferd Oskar Lafontaine öffentlichkeitswirksam hin, verließ die Partei kurz vor der Wahl. Auch hier interne Streitigkeiten. Spitzenkandidatin Barbara Spaniol kämpft auf verlorenem Posten für linke Ideale und gegen das Aus der Partei.
- Diese Parteien stehen im Saarland zur Wahl
Am 27. März ist Landtagswahl im Saarland. Im Vordergrund steht das Duell zwischen Tobias Hans (CDU) und Anke Rehlinger (SPD). Alle 18 Parteien und ihre Ziele im Überblick.
Fehlendes Profil bei der Saar-FDP
Die FDP war zehn Jahre nicht mehr im Landtag. Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter moniert, dass die Groko "bräsig vor sich hin regiere". Doch ihre FDP konnte in den letzten Jahren nicht wirklich Profil entwickeln.
Die Saar-Groko hat durchaus Erfolge vorzuweisen. Ansiedlungen von Start-ups, eine Batteriefabrik soll gebaut werden, Leuchttürme im Bereich KI und Cyber-Sicherheit sind entstanden.
Aber bei Ford bangt man um den Standort Saarlouis und die Stahlbranche steht vor teuren Transformationsprozessen. Anke Rehlinger und Tobias Hans betonten immer, dass sie gut zusammen gearbeitet haben. Nach über 20 Jahren könnte es jetzt einen Wechsel an der Spitze geben.
- Was Sie zur Saarland-Wahl wissen müssen
Zum Auftakt des Wahljahres 2022 müssen als erste die Saarländer politisch Farbe bekennen. Das wird gleich aus mehreren Gründen spannend.
SPD hofft auf "Jahrzehnt der Sozialdemokratie"
Deshalb schaut auch Berlin ins kleinste Flächenland. Würde die Saar-SPD siegen, wäre das Rückenwind für die stärkste Partei der Berliner Ampel. Ein "Jahrzehnt der Sozialdemokratie" streben sie an.
Gleichermaßen könnte eine Niederlage von Tobias Hans zum Problem der Merz-CDU werden. Es ist die erste von drei Landtagswahlen in denen CDU-Ministerpräsidenten ihre Posten verteidigen müssen. Umso mehr erstaunt es, dass niemand dem Saar-Ministerpräsidenten zur Seite eilt. Tobias Hans ist freigetestet, macht Dämmerschoppen, Haustürwahlkampf. Er will die überzeugen, die sich noch nicht entschieden haben. Auf das Saarland wartet ein spannender Wahltag.
Susanne Freitag-Carteron ist Leiterin des ZDF-Studios Saarland.