Staudamm-Zerstörung: "Skrupelloser Umgang" mit Menschen

    Interview

    Sicherheitsexperte Nico Lange:"Völlig skrupelloser Umgang" mit Menschen

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    Die Zerstörung des Staudamms trifft die Südukraine schwer. Welche Folgen es für den Krieg und die Region hat, erklärt Sicherheitsexperte Nico Lange im ZDF heute journal.

    Schaltgespräch Lange
    Sicherheitsexperte Nico Lange im ZDF heute journal - das ganze Interview.06.06.2023 | 3:31 min
    Was bedeutet die Staudamm-Katastrophe im Süden der Ukraine für die militärische Lage? Beide Kriegsparteien weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Nach Einschätzung vieler Beobachter ist es wahrscheinlich, dass die Zerstörung des Kachowka-Damms auf das Konto Moskaus geht. Laut Sicherheitsexperte Nico Lange könnte Russland damit Zeit gewinnen wollen.
    Die Menschen in der betroffenen Region seien auch schockiert über die Zerstörung der Natur und Felder, also ihrer Lebensgrundlage, sagt Lange im ZDF heute journal. "Dieser völlig skrupellose Umgang, auch mit den eigenen Menschen, ist etwas, was wir in diesem Krieg durch Russland schon leider sehr häufig erlebt haben."
    Sehen Sie das ganze Interview oben im Video oder lesen Sie hier Auszüge.
    Das sagt Nico Lange ...

    ... zu den Auswirkungen auf die ukrainische Gegenoffensive:

    "Es scheint für die Russen darum zu gehen, Zeit zu gewinnen, möglicherweise das Momentum der beginnenden ukrainischen Offensive zu brechen", so Sicherheitsexperte Lange. "Und es geht auch darum, eine Überquerung des Dnipro zu verhindern bei Cherson." Und Russland könne jetzt Kräfte aus diesem Gebiet abziehen und damit die Front verstärken - etwa im Süden in Saporischschja oder im Osten im Donbass.
    "Und man sieht hier auch den Unterschied: Die Ukraine möchte ihre Gebiete befreien und wieder aufbauen und Russland ist ganz zynisch dazu bereit, das fremde Land Ukraine zu zerstören."
    06.06.2023, Wasser, das durch einen Durchbruch im Kachowka-Staudamm fließt
    Die Wassermassen des Dnipro haben in der Region dutzende Ortschaften geflutet, tausende Menschen müssen gerettet werden. Kiew wirft Moskau vor, den Staudamm gesprengt zu haben.06.06.2023 | 3:17 min
    Russland sei in der Propaganda schon seit vielen Monaten der Auffassung, "wenn man die Ukraine schon nicht haben kann, dann muss man sie kaputt machen". Von dem Staudamm hänge das Bewässerungssystem für den Süden der Ukraine ab, so Nico Lange. Es herrsche dort große Betroffenheit, "man ist schockiert über die Zerstörung der Natur, aber auch über die Zerstörung der Lebensgrundlagen".

    ... zur möglichen Einschränkung der Wasserversorgung auf der Krim:

    "Das stimmt. Russland hatte allerdings zu diesem Staudamm und zu diesem Kanal, der von diesem Staudamm wegführte zur Krim, keinen Zugang bis zur russischen Invasion im Jahr 2022, und es ist nicht so, dass sofort akute Probleme auftauchen würden."

    Es scheint so, dass das Leben der Menschen in den besetzten Gebieten und auf der Krim für Russland weniger wichtig ist als taktische militärische Gewinne, die man vielleicht erzielen kann.

    Nico Lange, Sicherheitsexperte

    Eine Karte zeigt, wo der ukrainische Staudamm "Nowa Kachovka" liegt. Zudem den Verlauf des Flusses "Dnipro" und die Lage der Stadt Cherson.
    Quelle: ZDF

    ... zum Umgang mit den Menschen in der Region:

    "Dieser völlig skrupellose Umgang, auch mit den eigenen Menschen, ist etwas, was wir in diesem Krieg durch Russland schon leider sehr häufig erlebt haben. Die besonders Betroffenen sind jetzt die Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem linken Ufer des Dnipro, das teilweise unter dem Meeresspiegel liegt, wo das Wasser hinfließt."
    Zerstörter Staudamm Kachowka bei Cherson
    Neue Dimension des Krieges? ZDF spezial zur Zerstörung des Staudamms bei Cherson. 06.06.2023 | 11:55 min
    Während auf der ukrainischen Seite geholfen werde, habe man auf dem linken Ufer den Eindruck, dass den Menschen nicht geholfen wird, sagt Lange: "Die russischen Streitkräfte ziehen ab, niemand kümmert sich, und es gab sogar Berichte, dass die russischen Streitkräfte verhindern, dass die Leute dieses Gebiet verlassen."
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    Quelle: ZDF
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