Friedrich Merz' "Pascha"-Aussage hat auch die deutschen Schulen in den Mittelpunkt gerückt. CDU-Kollege Daniel Günther findet das gut - den Umgangston seines Parteichefs nicht.
Zur Bildungs- und Energiepolitik, zur Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland sowie zu Mängeln im Bildungssystem und dem Fehlen von Lehrkräften
Zwischen Daniel Günther und Friedrich Merz hat es jahrelang geknirscht. Zwar haben sich die beiden Männer von der CDU zuletzt angenähert, aber beim Stil ihrer Politik werden sie sich immer noch nicht einig.
Günther: Auf die Wortwahl achten
So auch bei der Frage nach den größten Problemen in deutschen Klassenzimmern. Merz hatte "kleine Paschas" aus Migrantenfamilien für großes Übel an Schulen verantwortlich gemacht. Bei "Markus Lanz" am Donnerstagabend wies Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther seinen Parteichef zurecht:
Merz habe das nicht als Generalisierung gemeint, es sei aber so angekommen. Eine solche Wortwahl sei für eine "ernsthafte Debatte" nicht hilfreich, schließlich sei danach "nur über dieses Wort gesprochen worden".
- Merz verteidigt umstrittene "Paschas"-Aussage
Für seine "Paschas"-Aussage hat CDU-Chef Merz viel Kritik erhalten. Eine Debatte, was an Schulen schief laufe, sei aber notwendig, er habe dafür viel Zustimmung erhalten.
Günther: "Diskussion, die man führen sollte"
Günther fügte aber gleichzeitig hinzu: "Das, was Friedrich Merz im Kern dazu gesagt hat, ist schon eine Diskussion, die man führen sollte, auch bei uns in Deutschland." Das klang nach einer Annäherung. Seine Beziehung zu Merz sei für ihn Liebe "auf den zweiten Blick", formulierte es Günther:
Günther will also verstehen, worum es Merz mit seiner Aussage eigentlich ging. Und im Kern steht die Frage: Was läuft schief an deutschen Schulen?
"Gute Deutschkenntnisse, Grundfertigkeiten, die müssen natürlich am Anfang schon angelegt sein. Wenn man damit zu spät beginnt, schafft man das in der Schule auch nicht", sagte Günther.
Ein Jahr ist Merz als CDU-Chef im Amt. Doch es läuft nicht alles rund. Er wollte die Partei breiter aufstellen, doch gleichzeitig nimmt er zu viel Raum ein.
Für Sprachtests vor der Einschulung
Der Ministerpräsident sprach sich für verpflichtende Sprachtests für alle Kinder vor der Einschulung aus. Sein Kabinett in Kiel diskutiere gerade darüber, wie sich so etwas umsetzen lässt. Für ein Land wie Schleswig-Holstein bedeute das aber "erhebliche Ressourcen, die wir dafür auch einsetzen müssen, weil dann natürlich auch etwas folgen muss".
Bedeutet: Wenn ein Kind durch den Test fällt, ist die Politik am Ende auch verantwortlich, wie es mit ihm weitergeht. "Wenn wir den Stand erheben, dann muss nachher auch eine Qualifizierung stattfinden", sagte Günther.
Außerdem gehe es bei der Umsetzung nicht nur um Geld, "sondern die begrenzte Ressource ist auch, Menschen zu finden, die eine Ausbildung an der Stelle machen". Insgesamt seien die Probleme "deutlich vielschichtiger", als es durch die "Pascha"-Debatte suggeriert worden sei.
Arbeitsminister Hubertus Heil kritisiert CDU-Chef Friedrich Merz für dessen Aussagen in der Integrations-Debatte. Politologe Carlo Masala findet besonders deutliche Worte.
Meidinger für Quotenregelungen
Hier kam Heinz-Peter Meidinger ins Spiel, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Er sprach sich für eine Klassenquote für Schüler mit Migrationshintergrund aus.
"Da muss man ran. Das ist ein Tabuthema", so Meidinger.
Er war zuletzt bereits mit einer Forderung nach einer konkreten Quote von 35 Prozent pro Klasse zitiert worden. Bei Lanz stellte er klar: "Ich habe keine konkrete Zahl genannt." Vielmehr habe er sich generell auf Studien bezogen, die zeigen: Ab einem ungefähren Mittelwert von 35 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund geht in einer Klasse die schulische Leistung nach unten.
An Deutschlands Schulen fehlen Lehrer, vor allem betroffen sind soziale Problemviertel. Im Wettstreit um die Lehrkräfte versuchen sich die Bundesländer zu überbieten.
Zehntausende ohne Abschluss - jedes Jahr
Günther zeigte sich beim Thema Quote skeptisch: "Ich glaube, dass das rechtlich schwierig ist. Was ist nachher wirklich Migrationshintergrund?" Hier eine Linie zu ziehen, sei kompliziert.
Eine Folge der verschiedenen Probleme: Knapp 47.000 Schülerinnen und Schüler verlassen jedes Jahr in Deutschland die Schule ohne Abschluss. Hier versuche die Politik, diese Jugendlichen über weitere Möglichkeiten doch noch zu einem Abschluss zu führen, sagte Günther.
"Es gibt auch Verwendungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler, die in der Schule schwach gewesen sind."
Das Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung zeigt: Es fehlen massiv Lehrkräfte an deutschen Schulen. 67 Prozent der befragten Schulleitungen sehen darin ihr größtes Problem.