Die Ampel-Regierung will das "Werbeverbot" für Abtreibungen abschaffen. Von Seiten der Union kommt Kritik. Familienministerin Anne Spiegel erklärt bei "Lanz", was sie daran stört.
Sehen Sie hier im Video die ganze Debatte bei "Markus Lanz".
Kaum ein Paragraf im Strafgesetzbuch ist in den vergangenen Monaten so hitzig diskutiert worden wie der mit der Nummer 219a. Er verbietet Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in "grob anstößiger Weise". Die Abgrenzung zu sachlicher Information war aber in der Vergangenheit nicht ganz klar. So führte Paragraf 219a auch zu Verurteilungen von Ärztinnen und Ärzten, die aus ihrer Sicht neutral auf ihren Internetseiten über Abtreibungen informierten.
Das Thema gewinnt nun wieder an Brisanz, weil Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Montag einen Gesetzentwurf zur Abschaffung dieses Werbeverbots vorgelegt hatte.
Spiegel: Keine Frau macht sich Entscheidung leicht
Auch die Runde bei "Markus Lanz" diskutierte dieses Thema sehr kontrovers. Gast neben der Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne): Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages. Sie hatte in einem "FAZ"-Interview den Gesetzesentwurf der Ampel zuletzt kritisiert, weil sie befürchtet, man könne künftig für Schwangerschaftsabbrüche genauso werben "wie für Augenlasern oder für Schönheitsoperationen".
Familienministerin Anne Spiegel reagiert auf Kritik der CDU, der Wegfall von §219a ermögliche, dass man künftig für Abtreibungen so werben könne „wie für Schönheitsoperationen“.
Damit erneut konfrontiert, erklärte die Bundesfamilienministerin Spiegel bei "Lanz", warum sie durch diese Worte "in Wallungen" geraten war:
Zum einen mache sich keine Frau die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch leicht, so die Familienministerin. Zum anderen entstehe das Bild, "als wäre irgendeine kommerzielle Intention von Seiten der Gynäkologinnen und Gynäkologen dabei." Das sei falsch, denn Werbung erlaube das Berufsrecht Gynäkologinnen und Gynäkologen überhaupt nicht.
CDU-Politikerin: Kein Informationsdefizit bei Abtreibung
Winkelmeier-Becker verteidigte ihre Worte. Sie habe ein Beispiel bringen wollen, wie man ohne 219a dann für Abtreibungen werben könne - "nämlich wie für andere medizinische Eingriffe". Ihr Kritikpunkt außerdem:
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel widersprach entschieden: "Für mich ist das, ehrlich gesagt, kein Argument zu sagen: Es gibt schon viele Infos im Netz, und deshalb sollen Ärzte und Ärztinnen nicht informieren dürfen über das, was sie anbieten oder ob sie es anbieten."
Frauen und Mädchen sollen sich in Zukunft leichter über Schwangerschaftsabbrüche informieren können. Paragraf 219a verbietet das bisher. Die Ampel-Koalition will ihn nun streichen.
Winkelmeier-Becker: Gespür für Tragweite geht verloren
Dieses Beispiel wollte Winkelmeier-Becker nicht gelten lassen: "Man darf darauf hinweisen, dass man Abtreibungen in der eigenen Praxis durchführt und man darf verlinken zu bestimmten Seiten, zum Beispiel zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung."
Die Streichung des gesamten Werbeverbotes würde weiterführen, so Winkelmeier-Becker: "Es wäre möglich, dass Werbung auf Social Media, auf Google in der Suchfunktion zu den ersten drei Einträgen als Anzeigen von Praxen führen würde, die Abtreibungen durchführen, und damit natürlich eine hohe Aufmerksamkeit bekommen."
Winkelmeier-Becker: Es geht um das Leben eines Kindes
Ein ganz wichtiger Teil des Schutzkonzeptes sei es, "dass auch ein Gespür dafür erhalten bleibt, dass es um das Leben eines Kindes geht, wenn man sich für eine Abtreibung entscheidet", so die Oppositionspolitikerin.
"Das geht ein Stück weit verloren, wenn für einen Abbruch genauso geworben werden kann wie für andere medizinische Eingriffe."
Grünen-Ministerin: Informationsfreiheit für Frauen wichtig
Anne Spiegel verteidigte das Vorgehen der Ampel-Regierung erneut. Gerade weil es so eine Fülle an Informationen gebe, sei es nachvollziehbar, dass man sie von dem Arzt erhalten wolle, dem man vertraue. Zudem sei es für Frauen "entmündigend, wenn sie nicht die Freiheit haben, die Informationen, die sie in dieser Situation brauchen, im Netz zu bekommen".