Nach dem Überfall auf die Ukraine ist Wladimir Putin nicht so isoliert, wie es erscheinen mag. In Lateinamerika wird Russland anders wahrgenommen - aus historischen Gründen.
Mitten im brasilianischen Wahlkampf überraschte der linksgerichtete Präsidentschafts-Kandidat Lula da Silva (76) mit einem Interview im Time-Magazin mit seiner Ansicht zum Ukraine-Krieg.
"Ich sehe, wie der Präsident der Ukraine im Fernsehen spricht, ihm applaudiert wird und er stehende Ovationen von allen europäischen Parlamentariern bekommt", sagte da Silva und legte nach:
Damit reiht sich da Lula ein in eine Reihe von lateinamerikanischen Spitzenpolitikern, die zwar die russische Invasion verurteilen, aber auch der Ukraine eine Mitverantwortung für den Krieg zuschreiben. Auch Brasiliens amtierender rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro zeigte zuletzt immer wieder Sympathien für Russlands Präsident Putin.
Venezuelas Präsident: Stehen fest an der Seite Russlands
Eindeutig ist die Position der drei autokratisch geführten Linksregierungen Kuba, Venezuela und Nicaragua, die Russland als ihre militärische Schutzmacht betrachten. Venezuelas Präsident Nicolas Maduro erklärte zuletzt, Venezuela stehe fest an der Seite Russlands. Wenige Tage nach Beginn des Überfalls ließ er den russischen Botschafter auf einem Kongress der sozialistischen Partei mit Beifallsstürmen und Sprechchören feiern.
- Südamerika rückt wieder in Europas Fokus
Die durch den Ukraine-Krieg veränderte geopolitische Lage könnte ein auf Eis gelegtes Handelsabkommen wiederbeleben: Die Kooperation zwischen der EU und den Mercosur-Staaten.
Bei den traditionellen Feierlichkeiten zum Mai-Feiertag in der kubanischen Hauptstadt Havanna waren auch vereinzelt russische Fahnen mit dem "Z"- Symbol des russischen Feldzuges zu sehen. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow brachte unmittelbar vor dem Überfall auf die Ukraine eine weitere russische Aufrüstung Venezuelas und Kubas ins Spiel. Und in Nicaragua gibt es nach Einschätzung von Militärexperten eine funktionierende russische Militärbasis.
Mexiko hält sich bedeckt
Mexiko, der südliche Nachbar der USA, hält sich ebenfalls zurück. Präsident Andres Manuel Lopez Obrador betont auch in anderen kontinentalen Konflikten stets die Bedeutung der Fortsetzung eines Dialogs und nimmt die Vereinten Nationen in die Pflicht: "Die UN müssen weiter auf Dialog bestehen." Der Ukraine-Krieg habe für die gesamte Welt auch gravierende wirtschaftliche Konsequenzen wie die Inflation.
Argentinien machte zuletzt deutlich, warum die Lateinamerikaner zum Ukraine-Konflikt eine andere Sichtweise haben, als die Europäer oder die Nordamerikaner. Vize-Präsidentin Cristina Kirchner erinnerte an den Konflikt mit dem Vereinigten Königreich um die Falkland-Inseln.
- Putins Freunde in Lateinamerika
Russlands Präsident kann sich auf die Hilfe vieler Regierungen aus Süd- und Mittelamerika sowie der Karibik verlassen. Die meisten verbindet eine Abneigung gegen die Demokratie.
Argentinien wirft Allierten Doppelmoral vor
Es gäbe eine völkerrechtliche Doppelmoral der Mächte, die glauben, über dem Rest der Länder zu stehen und sie nicht respektieren, sagte Kirchner. Und kritisierte, dass der Westen Argentinien das Recht auf die unmittelbar vor der Küste liegenden Falklandinseln ("Malvinas" im argentinischen Sprachgebrauch) verweigere.
"Bei der gewaltsamen Besetzung unserer Malvinas wird das Vereinigte Königreich von anderen Mächten unterstützt, die eine Invasion ablehnen, wenn es für sie nicht bequem ist", sagte Kirchner.
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