Nach der Explosion in Beirut im August steckt der Libanon in einer tiefen Krise. Internationale Organisationen und Geldgeber wollen weiter helfen - nennen aber Bedingungen.
Unter der Leitung von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und UN-Generalsekretär António Guterres haben internationale Organisationen und Geldgeber in einer Videokonferenz über Hilfen für den Libanon beraten. Dem krisengeschüttelten Land soll schnell geholfen werden - die Konferenzteilnehmer mahnten aber gleichzeitig auch die rasche Bildung einer neuen Regierung und politische Reformen an.
Für Deutschland nahm Außenminister Heiko Maas an der Geberkonferenz teil. Er sagte der dpa, es sei "erschreckend, dass es noch immer keine Fortschritte bei der Regierungsbildung oder den Gesprächen mit dem Internationalen Währungsfonds" gebe.
Maas: Deutschland zweitgrößter Geber
Maas bilanzierte, die humanitäre Lage verschlechtere sich zusehends. Deutschland sei zweitgrößter Geber humanitärer Hilfe und leiste allein im laufenden Jahr 146,5 Millionen Euro an Hilfszahlungen.
"Die Konferenz bekräftigte erneut die dringende Notwendigkeit, dass sich die politischen Führer des Libanon so bald wie möglich auf die Bildung einer glaubwürdigen Regierung einigen, die effizient und in der Lage ist, im allgemeinen Interesse des Landes zu arbeiten", heißt es in der gemeinsamen Erklärung von Frankreich und den Vereinten Nationen.
Macron verärgert über mangelnde Reformen
Frankreichs Staatschef Macron monierte, bisherige Zusagen für eine neue Regierung und einen Reform-Fahrplan seien nicht eingehalten worden. Er werde noch im laufenden Monat in das Nahostland reisen, kündigte der 42-Jährige an. Macron hatte die internationale Gemeinschaft zuvor zu mehr Krisenhilfe für den Libanon aufgerufen.
Anfang August hatte eine schwere Explosion den Hafen Beiruts erschüttert. Mehr als 190 Menschen starben, über 6.000 Menschen wurden verletzt, etwa 300.000 obdachlos. Wenige Tage nach der verheerenden Katastrophe waren bei einer Geberkonferenz der internationalen Gemeinschaft knapp 253 Millionen Euro Soforthilfe zusammengekommen.
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Keine funktionierende Regierung
Seit den Tagen nach der Explosion ist das Land allerdings ohne funktionierende Regierung. Ex-Ministerpräsident Hassan Diab ist nur noch geschäftsführend im Amt. Dem designierten neuen Regierungschef Saad Hariri gelang es bisher nicht, ein Kabinett zu bilden.
Libanons Präsident Michel Aoun erklärte, internationale Unterstützung sei für sein Land unverzichtbar. Die "vielfachen Tragödien", denen sich die Libanesen gegenüber sähen, seien "dramatisch".
Die seit dem Sommer 2019 andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise, die Corona-Pandemie und die Explosion von Beirut haben den Libanon schwer getroffen. Das libanesische Pfund hat 80 Prozent seines Werts verloren. Nach UN-Angaben leben 55 Prozent der Bewohner in Armut - doppelt so viele wie im Vorjahr.