Lindner fordert Ende von Stromproduktion mit Hilfe von Gas
FDP-Chef für AKW-Verlängerung:Lindner für Ende von Stromerzeugung aus Gas
31.07.2022 | 17:34
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Die Verstromung von Gas muss so weit wie möglich beendet werden, sagt Finanzminister Lindner. Als Brücke könne kurzfristig die Atomkraft dienen. Man dürfe nicht zu wählerisch sein.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aufgefordert, die Stromproduktion mit Hilfe von Gas zu stoppen. "Der Wirtschaftsminister hat eine Ermächtigungsgrundlage, um die Verstromung von Erdgas zu unterbinden, beziehungsweise auf das absolut geringste Maß zu reduzieren. Das muss jetzt kommen", sagte er im ZDF-Interview. Er betonte:
Wir können nicht eine Debatte darüber führen, wie lang die Menschen duschen sollen und auf der anderen Seite wird das knappe Gas noch verwendet, um Strom zu produzieren.
Christian Lindner, Bundesfinanzminister
Das müsse so schnell und so weit wie möglich beendet werden, sagte Lindner. "Stattdessen müssen wir andere Energiekapazitäten sichern, zum Beispiel die sicheren Kernkraftwerke. Noch eine Zeit."
Lindner: Atomenergie als Brücken-Technologie
Der Finanzminister sprach sich in diesem Zusammenhang erneut für einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland aus. Insgesamt gehe es nicht darum, dauerhaft auf Atomkraft zu setzen, "da sind wir mit den erneuerbaren Energien mittel- und langfristig besser aufgestellt".
Es gehe darum, eine Brücke zu bauen, so Lindner. "Denn die Brücke über Erdgas, die ist jetzt nicht so möglich, wie wir uns das vorgestellt haben. Also geht es um eine kurze Zeit länger Kernenergie."
15 Prozent weniger Gas soll ab Montag in den EU-Ländern verbraucht werden. Um in der Energiekrise gegenzusteuern, wird die Debatte um deutsche Atomkraftwerke wieder laut. 28.07.2022 | 1:59 min
AKW-Laufzeitverlängerung wird diskutiert
Lindner plädierte dafür, mit den Ampel-Koalitionspartnern SPD und Grünen eine offene Debatte zu führen:
Es geht nicht darum, jetzt dauerhaft die Kernenergiefrage neu aufzuwerfen. Aber in dieser speziellen Krisensituation müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, alle Möglichkeiten nutzen. Wir können nicht zu wählerisch sein.
Christian Lindner, Bundesfinanzminister
Wegen der Befürchtungen vor einem Stopp russischer Gaslieferungen wird derzeit eine mögliche Verlängerung der Laufzeiten der drei letzten noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland diskutiert, die nach geltendem Atomrecht Ende Dezember vom Netz gehen müssten.
CDU/CSU und FDP werben dafür, einen zumindest begrenzten Weiterbetrieb über den Jahreswechsel hinaus zu ermöglichen. SPD und insbesondere Grüne sind nach wie vor skeptisch. Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang erteilte einem Wiedereinstieg in die Atomkraft im ZDF-Sommerinterview am Sonntag eine Absage.
Rückkehr der Stein- und Braunkohle
Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) teilte mit:
Man darf nicht verkennen: Ein völliger Verzicht auf Gas im Stromsektor führt zur Stromkrise und Blackouts. Es gibt systemrelevante Gaskraftwerke, die mit Gas versorgt werden müssen. Bekommen sie kein Gas, kommt es zu schweren Störungen. Das ist leider die Realität der Stromsystems, die man kennen muss, um die Versorgungssicherheit herzustellen.
Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck
Da, wo Gas aber in der Stromerzeugung ersetzt werden könne, solle es ersetzt werden - und daran werde längst mit Hochdruck gearbeitet.
Eine erste Verordnung ermöglicht es bereits, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve zeitlich befristet in den Strommarkt zurückzukehren. Laut Ministerium ist zudem eine Gaseinsparverordnung zum Abschalten von nicht-systemrelevanten Gaskraftwerken in der Stromerzeugung in Arbeit. Zum 1. Oktober soll die Braunkohlereserve aktiviert werden. Bereits stillgelegte Braunkohlekraftwerke könnten dann wieder ihren Betrieb aufnehmen.
Wegen drohender Energie-Knappheit will die FDP die verbliebenen deutschen AKW länger am Netz lassen. Auch Wirtschaftsminister Habeck schließt einen Weiterbetrieb nicht mehr aus.