Bisher dürfen schwule Männer faktisch kein Blut spenden. Doch das könnte sich jetzt ändern. Die Bundesregierung plant nach ZDF-Informationen, die Regeln für Blutspenden zu lockern.
Wer als schwuler Mann Blut spenden will, muss enthaltsam sein. Ein Jahr lang vor einer Blutspende darf er keinen Sex mit einem Mann gehabt haben - auch nicht, wenn der Sex geschützt war, also zum Beispiel Kondome benutzt wurden. Begründung: ein generell erhöhtes Übertragungsrisiko für Infektionskrankheiten wie HIV. An diesen Regeln gab es massive Kritik. Denn de facto bedeutet das ein Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben.
Doch das könnte sich jetzt ändern. Die Bundesregierung plant, die Zeit der Enthaltsamkeit, die so genannte Rückstellfrist, deutlich zu verkürzen. "Für Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben, wird die vorgesehene Rückstellfrist einer Neubewertung unterzogen", heißt es in einer Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium auf eine Frage des FDP-Abgeordneten Jens Brandenburg.
Künftig nur noch vier Monate Enthaltsamkeit?
Künftig sollen schwule Männer nur noch vier statt wie bisher zwölf Monate vor einer Blutspende enthaltsam sein müssen. Diesen Vorschlag will das Ministerium unter anderem mit dem Robert Koch-Institut diskutieren. Das Ministerium plant auch eine Regelung für Menschen mit diversem Geschlechtseintrag, um für sie "künftig Unsicherheiten über die Möglichkeit der Blutspende zu vermeiden". Bisher werden in den Richtlininen nur zwei Geschlechter erwähnt, nämlich männlich und weiblich.
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"Blut ist nicht schwul oder hetero"
Schwule dürfen in Deutschland praktisch kein Blut spenden. Gerade in der Corona-Krise verschärft das den Mangel an Blutspenden. Der Bundestag debattiert heute das Ende des Verbots.
"Jetzt soll endlich etwas passieren. Das pauschale Blutspendeverbot für homosexuelle Männer bröckelt und das ist gut so", sagt Jens Brandenburg (FDP) ZDFheute. Er hält die vorgeschriebene Enthaltsamkeit von zwölf Monaten für völlig überzogen und lebensfremd. Brandenburg sagt:
Das binäre Geschlechterbild in den Regeln zur Blutspende hält Brandenburg für längst überholt. Etwaige Blutspendeverbote für Menschen mit diversem Geschlechtseintrag lehnt er ab. Der Grünen-Abgeordnete Sven Lehman kritisiert Enthaltsamkeitsvorschriften jeglicher Art. Auch vier Monate ohne Sex seien "diskriminierend" und "wissenschaftlich unbegründet".
"Safer Sex": Wie man sich vor HIV schützt
In Deutschland werden laut Deutschem Roten Kreuz (DRK) jeden Tag etwa 15.000 Blutkonserven benötigt. Doch in manchen Regionen reicht der Vorrat an gekühlten und getesteten Blutspenden nicht einmal mehr für 24 Stunden. Corona habe das Blutspendewesen sehr deutlich durchgerüttelt, hieß es zuletzt beim DRK. Aufgrund der Pandemie fahren zum Beispiel Blutspende-Busse kaum noch durch Deutschland.
"Völlig unverständlich" finden deswegen knapp 50.000 Unterzeichner einer Petition das faktische Blutspendeverbot für homosexuelle und bisexuelle Männer. Sie fordern, dass bei der Blutspende nicht mehr nach der sexuellen Orientierung gefragt werden soll, sondern nach dem tatsächlichen Risikoverhalten. Als "Safer Sex" gelten laut Deutscher Aidshilfe der Gebrauch von Kondomen sowie Medikamente wie die sogenannte PrEP. Außerdem sind HIV-positive Menschen, die sich einer Therapie unterziehen, nicht mehr ansteckend.
Die Neuregelung der Blutspende soll nach ZDF-Informationen ab Anfang November erfolgen. "Viel zu spät", findet Jens Brandenburg. Aber immerhin: "Der politische Druck wirkt."
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