Die Londoner Polizei steht wegen ihres Einsatzes bei einer Mahnwache für die getötete Sarah E. heftig in der Kritik - und befeuert die Debatte um sexualisierte Gewalt gegen Frauen.
Selbst die britische Herzogin Kate (39) hatte es sich nicht nehmen lassen, am Samstag Blumen an dem improvisierten Gedenkort für die auf ihrem Nachhauseweg entführte und ermordete Sarah E. niederzulegen.
Stunden später zerrte die Londoner Polizei mit Gewalt Teilnehmerinnen einer Mahnwache von einem Musikpavillon in dem Park Clapham Common im Londoner Süden weg. Dafür steht Scotland Yard jetzt heftig in der Kritik.
Polizisten gehen gewaltsam gegen Teilnehmerinnen der Mahnwache vor
Hunderte Menschen hatten sich am Samstagabend trotz Warnungen vor Verstößen gegen die Corona-Regeln an dem Musikpavillon in dem Park Clapham Common im Londoner Süden zusammengefunden - hier war Sarah E. vor ihrem Verschwinden zuletzt gesehen worden.
Auf Videos von dem Polizeieinsatz am Samstagabend war zu sehen, wie Polizisten mehrere Frauen gewaltsam abführten. Eine Frau wurde auf den Boden gedrückt. Es wurden vier Personen festgenommen. Eine Sprecherin von Scotland Yard rechtfertigte das Vorgehen der Polizei wenig später:
Dabei sei das Risiko von Übertragungen des Coronavirus sehr hoch gewesen, hieß es weiter.
Sie setzen sich ein gegen weibliche Genitalverstümmelung, Abtreibungsverbot, Gewalt gegen Frauen, prekäre Arbeitsverhältnisse und mehr: Europa, Deine Frauen. Eine Porträt-Serie.
Reclaim these Streets: "Frauen im ganzen Land wütend"
Die Bewegung "Reclaim these Streets" (zu Deutsch: Erobert die Straßen zurück) teilte mit, Frauen im ganzen Land seien "zutiefst traurig und wütend über die Szenen, die Polizisten beim Überwältigen von Frauen während einer Mahnwache gegen männliche Gewalt zeigen".
Sie machten die Beamten für die Eskalation verantwortlich. Die Mahnwache hätte wie geplant mithilfe von Ordnerinnen im Rahmen der Corona-Regeln durchgeführt werden können. Doch das habe die Polizei abgeblockt, hieß es in der Mitteilung.
Auch Politiker verurteilen Vorgehen der Londoner Polizei scharf
Londons Bürgermeister Sadiq Khan nannte die Szenen des Polizeieinsatzes "inakzeptabel". Die Polizei habe zwar die Verantwortung, die Corona-Maßnahmen durchzusetzen, aber die Bilder zeigten, dass die Reaktion der Beamten "weder angemessen noch verhältnismäßig" war, so der Labour-Politiker.
Innenministerin Priti Patel bezeichnete die Aufnahmen als teilweise verstörend. Sie habe einen "vollständigen Bericht" von Scotland Yard zu den Ereignissen angefordert. Der Fraktionsvorsitzende der Liberaldemokraten im britischen Parlament, Ed Davey, forderte unterdessen die Londoner Polizeichefin Cressida Dick zum Rücktritt auf.
#textmewhenyougethome: Debatte um sexualisierte Gewalt an Frauen neu entfacht
Viele Frauen in Großbritannien fühlen sich von Staat und Gesellschaft im Stich gelassen. Erst am Freitag war der in einem Waldstück in der Grafschaft Kent gefundene leblose Körper der zuvor als vermisst gemeldeten 33-jährigen Sarah E. identifiziert worden. Ein 48 Jahre alter Polizist steht unter Verdacht, sie entführt und ermordet zu haben.
Der Fall sorgt nicht nur in Großbritannien für Entsetzen - und hat auch die Debatte um sexualisierte Gewalt gegen Frauen neu entfacht. Auf Social Media teilen unter dem Hashtag #textmewhenyougethome tausende Frauen ihre persönlichen Erfahrungen. Es geht dabei nicht nur um extreme Fälle, wie den von Sarah E., sondern um alltägliche Übergriffe und um die Angst auf dem Nachhauseweg, die für Frauen ständiger Begleiter ist.
- London: Festnahmen bei unerlaubter Mahnwache
Hunderte widersetzen sich den Corona-Beschränkungen in London und gedenken einer mutmaßlich ermordeten Frau. Die Polizei greift hart durch und nimmt mehrere Teilnehmer fest.