Brasiliens neuer Präsident: Der Masterplan des Lula da Silva

    Brasiliens neuer Präsident:Der Masterplan des Lula da Silva

    von Tobias Käufer, Rio de Janeiro
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    Zeitenwende im größten Land Lateinamerikas: Auf den Rechtspopulisten Jair Bolsonaro folgt Linkspolitiker Lula da Silva. Auf den neuen Präsidenten warten große Herausforderungen.

    Am Neujahrstag wird Luis Inacio Lula da Silva seine insgesamt dritte Amtszeit nach 2003 und 2007 antreten. Mit dem Linkspolitiker kehrt ein erfahrener Regierungschef an die Spitze Brasiliens zurück, auf dessen Schultern vor allem die Hoffnungen der internationalen Staatengemeinschaft ruhen.
    Er folgt auf den abgewählten rechtspopulistischen Vorgänger Jair Bolsonaro, der Brasilien unter anderem wegen seines klimafeindlichen Diskurses in die politische Isolation geführt hatte.
    Brasilien im Rück- und Ausblick
    Brasilien hat ein bewegtes Jahr hinter sich - Präsident Lula da Silva muss ein gespaltenes Land führen, das unter Armut und Kriminalität leidet und den größten Regenwald der Welt beschützen muss.30.12.2022 | 2:32 min

    Lula will Abholzung des Amazonas-Regenwaldes beenden

    International fällt vor allem Lulas Versprechen, eine Null-Abholzungsstrategie im Amazonas Regenwald umzusetzen, auf fruchtbaren Boden. Europäische Länder wie Deutschland und Norwegen nahmen die auf Eis gelegten Zahlungen an einen Amazonas-Schutzfond wieder auf, weitere Länder wollen diesem Beispiel folgen.
    Inwieweit es Lula da Silva gelingt, auch die milliardenschwere brasilianische Agrar-Industrie als auch China in die Finanzierung des Amazonas-Schutzes einzubinden, bleibt abzuwarten.
    Als Soja-Importeur ist Peking einer der größten Abnehmer des brasilianischen Agrar-Sektors, der lukrative Export begann sich nach der ersten Amtszeit Lulas zu vervielfachen, als die Abholzung noch doppelt so hoch war wie zuletzt oder Bolsonaro.
    Der Rest der Welt hofft nun darauf, dass sich die Lula-Politik der zweiten Amtszeit ab 2007 durchsetzt, als es gelang die Abholzungszahlen erstmals spürbar zu senken.
    Brasiliens gewählter Präsident Luiz Inacio Lula da Silva neben der ernannten Ministerin für indigene Völker, Sonia Guajajara
    Brasiliens gewählter Präsident Lula da Silva hat am Donnerstag seine Minister ernannt. Unter anderem Sonia Guajajara als künftige Ministerin für indigene Völker.
    Quelle: epa

    Lula muss innenpolitisch das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen

    Während die Hoffnung auf internationalem Parkett groß ist, ist die Stimmung im Land selbst gespalten. Lula da Silva wird viel investieren müssen, um das Vertrauen knapp der Hälfte des brasilianischen Wahlvolkes zu gewinnen, das ihm trotz der scharfen Kritik an Bolsonaros Amtszeit (49,1 Prozent) die Gefolgschaft an der Urne verweigerte.
    Hintergrund ist Lulas politische Mitverantwortung für zahlreiche Korruptionsskandale rund um die Konzerne Odebrecht und Petrobras, die seiner Reputation im eigenen Land schwer geschadet haben. Umso wichtiger werden innenpolitische Akzente werden.

    Die Lula-Regierung steht vor der Herausforderung, die öffentliche Politik Brasiliens wieder aufzubauen, insbesondere in Bezug auf Umwelt, Bildung und Gesundheit.

    Professor Roberto Goulart Menezes, Universität Brasilia

    Lula verspricht hohe Investitionen in Bildung und Gesundheit

    Die Themen Umwelt, Bildung und Gesundheit bilden den Markenkern der neuen Regierung. Lula hat versprochen mit hohen Investitionen in den Bildungs- und Gesundheitssektor die Lücken zu schließen, die nach seiner Auffassung Bolsonaros Kürzungspolitik gerissen hat.
    Lulas setzt dabei auf über 35 Ministerien und prominente Namen. Die international respektierte Umweltpolitikerin Marina Silva soll das Umweltressort übernehmen.
    Sie war schon einmal in diesem Amt tätig, ehe sie wegen eines Streits mit Lulas linker Arbeiterpartei in dessen zweiter Amtszeit zurücktrat. Sie gilt als charakterstark und unbestechlich und dürfte darauf achten, dass den vollmundigen Versprechen auch Taten folgen.
    Die Menschenrechtsaktivistin Sonia Guajajara wird das neu geschaffene Ministerium für indigene Völker leiten. Anielle Franco, Schwester der ermordeten afrobrasilianischen Kommunalpolitikerin Marielle Franco, wird an der Spitze des Ministeriums für ethnische Gleichheit stehen.

    Durchsetzung der Rechte der Indigenen und Afrobrasilianer

    Lula hat damit prominente Namen der Zivilgesellschaft in die Regierung geholt, die dafür einstehen sollen, dass die Rechte der indigenen und afrobrasilianischen Bevölkerung durchgesetzt werden. Professor Roberto Goulart Menezes von der Universität Brasilia ordnet die Ausrichtung der neuen Regierung so ein:

    Die Hauptinnovation der neuen Regierung wird im Bereich der Stärkung der Demokratie sowie in der Schaffung einer neuen Art der Beziehung zur Zivilgesellschaft liegen.

    Professor Roberto Goulart Menezes, Universität Brasilia

    Kritiker werfen Lula allerdings vor, mit der hohen Zahl von Ministerien für neue Bürokratie und Ausgaben zu sorgen.

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