Heiko Maas hält seine erste große Rede seit Bidens Amtsantritt: Er bietet den USA einen transatlantischen "New Deal" an. Diese Wortwahl klingt abgehoben und ist keine gute Idee.
Der Bundesaußenminister wollte offenbar eine große Rede halten. Und inhaltlich war es in weiten Teilen auch eine gute, sicher auch gut-gemeinte Rede - nur ist gut gedacht, längst nicht gut gemacht. Denn am Schluss, nachdem er Deutschlands Bereitschaft bekräftigt hatte, mehr Verantwortung zu übernehmen, sagte Heiko Maas an die Adresse der Biden-Administration:
"Lassen Sie mich nur hinzufügen, dass dieses Deutschland einen transatlantischen 'New Deal' mit Ihnen schließen möchte: Als eine Stimme der Vernunft in unserem gemeinsamen Kampf für Demokratie. Als ein verlässlicher Partner in Europa und der Welt. Und als ein verantwortungsvoller Verbündeter und Freund, der mit Ihnen zusammenarbeitet, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen."
"New Deal" keine gute Idee
Schöne Worte bei der virtuellen Feier des Brookings-Instituts in Washington zur Einrichtung des Fritz-Stern-Lehrstuhls für transatlantische Beziehungen, benannt nach dem 2016 verstorbenen Historiker Fritz Stern.
Aber als deutsches Angebot zu formulieren, was Joe Biden längst im Wahlkampf und nach seiner Amtseinführung mehrfach angekündigt und auch von den Verbündeten eingefordert hatte, klingt – na sagen wir mal – abgehoben. Es auch noch als "Deal" zu bezeichnen, keine gute Idee.
- Maas will "New Deal" mit den USA
Vor einigen Wochen erst hieß es aus Washington: "Amerika ist zurück". Jetzt antwortet Außenminister Maas: "Deutschland ist an Ihrer Seite." Es bleiben aber Fragen offen.
Anspielung auf Franklin D. Roosevelt
Ja, Maas spielte auf den "New Deal" von Franklin D. Roosevelt an, ein Mammut-Reformprogramm, mit dem der damalige US-Präsident in den 30er Jahren Amerika aus tiefster Krise führte.
Ähnliches versucht Joe Biden gerade mit dem 1,9 Billionen Dollar schweren Corona-Hilfspaket, weshalb es hier zu Recht mit dem rooseveltschen Jahrhundertwerk verglichen wird. Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb der deutsche Außenminister besser ein anderes Wort gesucht hätte.
Präsident Biden sagte kürzlich bei der Münchner Sicherheitskonferenz:
Ich lasse das englische Wort hier stehen, weil Biden sich damit distanzieren wollte von seinem Vorgänger, der jede Vereinbarung zwischen Staaten als Geschäft, als Deal, als Transaktion ansah.
Deals mit Unterdrücker-Regimen unmoralisch
Donald Trump missbrauchte internationale Gipfel als Verkaufsmessen und wollte seine Verbündeten sogar für den Sold der stationierten US-Soldaten zur Kasse bitten. Wenn es um den gemeinsamen Kampf für Werte, für die liberale Demokratie und gegen den Autoritarismus geht, hat das Wort "Deal" da nichts zu suchen.
Die US-Regierung proklamiert eine wertegeleitete Außenpolitik. Wer das ernst nimmt - die USA, Europa, Deutschland - der darf nicht wegschauen, nur weil er gute Geschäfte mit China und Russland machen kann. Wenn diese Regime parallel weiter Menschen unterdrücken, wegschließen oder gar ermorden, sind alle Deals mit ihnen unmoralisch.
Ein Maßstab für deutsche Außenpolitik
Natürlich müssen auch die USA dem hehren Anspruch noch Taten folgen lassen. Aber US-Außenminister Antony Blinken hat das Vorgehen Pekings gegen die uighurische Minderheit im Land als "Völkermord" bezeichnet. So ein klares Wort hätte gut in die Rede seines deutschen Amtskollegen Heiko Maas gepasst.
Er nannte es stattdessen "hartes Durchgreifen" und "Verletzungen des Völkerrechts". 1987 sagte der weise Historiker Fritz Stern bei einer Rede im Deutschen Bundestag zum Gedenken an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953:
Das ist der Maßstab für Deutschlands Außenpolitik. Er entzieht sich jeder Form von "Deal".