Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx hat Signalwirkung. Seine deutlichen Aussagen zum Missbrauchsskandal und der Kirche lösten viele Reaktionen aus.
Geht der Falsche? Müssten noch mehr gehen? Nach dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx sind verschiedene Stimmen zu hören. Der Münchner Erzbischof hatte seine Entscheidung mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche begründet. Diese sieht er an einem "toten Punkt". Manche in der Kirche würden jedem Reformdialog ablehnend gegenüberstehen.
Bätzing: "Wir brauchen Kardinal Marx"
„Manche denken, es wäre mit einigen Schönheitsreparaturen getan.“ Dabei gehe es jetzt um fundamentale Reformen in der katholischen Kirche so Georg Bätzing.
Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz, sagte im ZDF, die Krise liege darin, "dass uns die Menschen einfach nicht mehr vertrauen." Dabei gehe es "um Fragen von Macht und Gewaltenteilung, um die Frage des Klerikalismus, des Lebens und des Dienstes der Priester".
Insbesondere gehe es auch um "die Frage, wie steht es mit den Frauen in der Kirche, wann endlich werden sie Dienst und Ämter übernehmen können, so wie es im Sinne der Gleichberechtigung von vielen empfunden wird, und in der Frage der Sexualmoral der Kirche, da liegt vieles im Argen."
Er sei auch enttäuscht: "Denn wir brauchen Kardinal Marx und ich glaube viele Katholikinnen und Katholiken sind auch nicht nur überrascht, sondern enttäuscht am heutigen Tag, weil Kardinal Marx auch für diese Reformen in der katholischen Kirche steht, die nicht irgendwie äußerlich sind, sondern die fundamental an den Kern der Kirche gehen."
Bringmann-Henselder: Es müsste eigentlich noch jemand zurücktreten
Peter Bringmann-Henselder, Mitglied des Betroffenenbeirats des Erzbistum Köln, widerspricht der Ansicht, dass mit Marx der Falsche gehe. Er wendete sich im ZDF-Interview zusätzlich gegen Bätzing selbst:
Dieser sei Generalvikar unter dem Bischof Marx in Trier gewesen, und habe "diese Vertuschungsmaßnahmen genauso zu verantworten wie der Kardinal Marx."
Rörig: Positives Signal für Aufarbeitung
Der Missbrauchbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, bezeichnete das Rücktrittsgesuch gegenüber dem ZDF als "ein positives Signal für unabhängige Aufarbeitung von sexueller Gewalt im kirchlichen Kontext". Er hoffe, "dass die katholische Kirche daraus die Kraft zieht, die unabhängige Aufarbeitung von sexueller Gewalt durch Geistliche in allen Bistümer in Deutschland voranzutreiben."
Rörig habe Kardinal Marx in den letzten Jahren "als großen Unterstützer für gute Strukturen für die unabhängige Aufarbeitung" kennengelernt.
Für ihn zeige das Rücktrittsgesuch "die Riesendimension von Verwerfungen in der katholischen Kirche, die eingetreten sind durch den sexuellen Missbrauch und durch den unangemessenen Umgang mit Betroffenen und mit dem Unrecht, was Tausenden von Kindern angetan wurde im katholischen Kontext".