Vizekanzler Scholz spricht sich für ein freiwilliges Handy-Tracking aus. "So ziemlich jeder" würde das machen, sagte er im "maybrit illner spezial" zu Corona.
Im Kampf gegen die Ausbreitung der Corona-Epidemie hat Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) keine Einwände gegen ein Handy-Tracking auf freiwilliger Basis. Derzeit werde "intensiv daran gearbeitet, eine technische Plattform zu entwickeln, die das möglich macht, dass Viele freiwillig daran teilnehmen können", sagte Scholz am Sonntag in der Sendung "maybrit illner spezial" im ZDF. Er gehe davon aus, "dass das so ziemlich jeder machen würde", sagte Scholz.
Die Diskussion um das Thema werde jetzt sehr zügig geführt. Im Streit um geeignete EU-Hilfen für von der Corona-Krise besonders betroffene Länder wie Italien und Spanien plädierte Scholz für die Nutzung des europäischen Rettungsschirms ESM. "Das ist eine Hilfe, die sofort mobilisiert werden kann und die eine riesige Wirkung hat."
Sehen Sie hier die komplette Debatte bei "maybrit illner":
Mittel aus EU-Rettungsschirm für Italien und Spanien
Helfen müsse Europa "mit einer gemeinsamen Kreditaufnahme". Diese sei, was wenige wüssten, mit dem ESM verbunden. Alle Hilfsmaßnahmen funktionierten jedoch nur, "wenn wir jetzt nicht mit jedem Land über einzelne Bedingungen verhandeln, sondern wenn wir jetzt sagen, das ist jetzt wegen Corona und das gibt’s einfach jetzt unter diesen Rahmenbedingungen".
Ein großer Fehler in der Finanzkrise sei es gewesen, "dass wir den anderen so moralisch begegnet sind". Das dürfe nicht wieder passieren. Wer Ländern in schlimmster Not jetzt irgendwelche Vorhaltungen mache, handle "nicht nur nicht solidarisch, sondern auch völlig unvernünftig".
Wagenknecht: Schutzmasken statt Handy-Tracking
Die Linken-Politikerin und Volkswirtin Sahra Wagenknecht sieht ein Handy-Tracking kritisch:
Viel wichtiger sei für die Volkswirtin, dass künftig Schutzmasken auch in Deutschland hergestellt werden müssten. Für Wagenknecht ist nachvollziehbar, dass Italien nicht unter den ESM möchte, denn "sie haben die Erfahrung gemacht, dass sie danach politisch nicht mehr Herr der Lage sind".
Aktuell entspanne die EZB durch den Kauf von Anleihen noch die Situation, dennoch laufe es laut der Politikerin darauf hinaus, dass die EZB die Länder finanziere.
Felbermayr: "Behördlich angeordnete Abschaltung der Wirtschaft"
Für Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, ist die aktuelle Situation eine "behördlich angeordnete Abschaltung der Wirtschaft". Zur Beurteilung müsste man laut dem Wirtschaftswissenschaftler wissen, wie stark der "Durchseuchungsgrad der Bevölkerung schon ist".
Felbermayr stellte fest, dass "die Europäische Zentralbank immer höhere Anteile an Staatschulden – auch der deutschen" halte und erklärte, dass diese Schulden schlussendlich monetarisiert würden. Der Wirtschaftswissenschaftler sprach sich für die Banken als Prüfinstrument bei der Verteilung des deutschen Rettungsschirms aus, da "keine Unternehmen gefördert werden sollen, die unabhängig von Corona nicht überlebensfähig sind".
Haeusgen: Zeitbegrenztes Handy-Tracking kein Problem
VDMA-Vizepräsident Karl Haeusgen sieht im Handy-Tracking für einen bestimmten Zeitraum kein Problem.
Er forderte, dass der Staat möglichst viele Maßnahmen gleichzeitig ergreifen müsse, um Herr über die Lage sein zu können. Den europäischen Rettungsschirm ESM sieht Haeusgen kritisch, und brachte Corona-Eurobonds ins Spiel.
"Die Italiener und Spanier wollen keine Almosen, die wollen europäische Instrumente für Stabilität", betonte der VDMA-Vizepräsident. Zwar lobte er das Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft in der aktuellen Krise, aber mahnte gleichzeitig, dass "die beste Hilfe die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit wäre".
Steingart: Nicht Gesundheit gegen Wirtschaft ausspielen
Gabor Steingart, Journalist und Publizist, erklärte, dass man auf Dauer nicht Gesundheit gegen Wirtschaft ausspielen könne. Laut Steingart finde sowohl medial als auch in der Öffentlichkeit eine Übertreibung statt.
Einem zeitlich befristeten Handy-Tracking steht Steingart kritisch gegenüber und verwies dabei auf den Soli, "der Helmut Kohl überlebt hat". Der Publizist forderte, dass man darüber nachdenken müsse, wie Deutschland wirtschaftlich wieder hoch komme und die Chancen der Digitalisierung nutzen könne.