Debatte um Nationalistenführer: Klein kritisiert Melnyk

    Umstrittene Bandera-Aussagen:Antisemitismus-Beauftragter kritisiert Melnyk

    04.07.2022 | 08:32
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    Wegen seiner Äußerungen zum ukrainischen Nationalistenführer Bandera steht Botschafter Melnyk unter Druck. Der Antisemitismusbeauftragte wünscht sich eine internationale Debatte.

    Andrij Melnyk
    Melnyk hatte in einem Interview bestritten, dass Bandera als Kollaborateur der Nazis mitverantwortlich für Pogrome und die Ermordung von 800.000 Juden in der Ukraine war.
    Quelle: dpa

    Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk für seine Äußerungen über den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) angegriffen.

    Klein: Aussagen sorgen für Spaltung

    Melnyks Worte über Bandera, "einer äußerst umstrittenen Persönlichkeit, halte ich für problematisch", sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

    Sie nähren das russische Narrativ im derzeit stattfindenden Konflikt und sorgen eher für Spaltung und Unverständnis bei befreundeten Staaten.

    Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung

    Außenministerium geht auf Distanz zu Melnyk

    Nationalistische Partisanen aus dem Westen der Ukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Vertreibungen verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische Zivilisten ermordet wurden. Ihr Anführer Bandera war da selbst zwar im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wird aber ideologisch für die Taten mit verantwortlich gemacht. 
    Melnyk hatte in einem Interview gesagt:

    Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen.

    Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland

    Es gebe keine Belege dafür, dass "Bandera-Truppen hunderttausende Juden ermordet haben", sagte Melnyk. Das ukrainische Außenministerium ging daraufhin auf Distanz zu Melnyk.
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    Klein fordert Ukraine zum IHRA-Beitritt auf

    Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter. Archivbild
    Felix Klein ist seit 2018 der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung. Archivbild
    Quelle: Michael Kappeler/dpa/Archivbild

    Klein forderte die Ukraine zum Beitritt in die Internationale Allianz zum Holocaust-Gedenken (International Holocaust Remembrance Alliance - IHRA) auf.

    Diese zwischenstaatliche Organisation ist das geeignete Forum, in dem die von Herrn Melnyk aufgeworfenen Fragen international differenziert ausdiskutiert werden können.

    Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung

    Der Experte bedauerte, dass die ukrainische Regierung sich hinsichtlich einer IHRA-Mitgliedschaft bisher ablehnend gezeigt habe. "Die von Botschafter Melnyk ausgelöste Debatte sollte Anlass sein, nunmehr rasch eine Aufnahme anzustreben", unterstrich Klein.

    Nach Kritik aus Polen
    :Kiew geht auf Distanz zu Melnyk-Aussagen

    Das ukrainische Außenministerium distanziert sich von Aussagen seines Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk. Polen hatte dessen Aussagen zu einem Partisanenführer kritisiert.
    Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, Archivbild
    Quelle: KNA, dpa, AFP
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