Wegen seiner Äußerungen zum ukrainischen Nationalistenführer Bandera steht Botschafter Melnyk unter Druck. Der Antisemitismusbeauftragte wünscht sich eine internationale Debatte.
Melnyk hatte in einem Interview bestritten, dass Bandera als Kollaborateur der Nazis mitverantwortlich für Pogrome und die Ermordung von 800.000 Juden in der Ukraine war.
Quelle: dpa
Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk für seine Äußerungen über den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) angegriffen.
Klein: Aussagen sorgen für Spaltung
Melnyks Worte über Bandera, "einer äußerst umstrittenen Persönlichkeit, halte ich für problematisch", sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sie nähren das russische Narrativ im derzeit stattfindenden Konflikt und sorgen eher für Spaltung und Unverständnis bei befreundeten Staaten.
Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung
Außenministerium geht auf Distanz zu Melnyk
Nationalistische Partisanen aus dem Westen der Ukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Vertreibungen verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische Zivilisten ermordet wurden. Ihr Anführer Bandera war da selbst zwar im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wird aber ideologisch für die Taten mit verantwortlich gemacht.
Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen.
Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland
Es gebe keine Belege dafür, dass "Bandera-Truppen hunderttausende Juden ermordet haben", sagte Melnyk. Das ukrainische Außenministerium ging daraufhin auf Distanz zu Melnyk.
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Klein fordert Ukraine zum IHRA-Beitritt auf
Felix Klein ist seit 2018 der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung. Archivbild
Quelle: Michael Kappeler/dpa/Archivbild
Klein forderte die Ukraine zum Beitritt in die Internationale Allianz zum Holocaust-Gedenken (International Holocaust Remembrance Alliance - IHRA) auf.
Diese zwischenstaatliche Organisation ist das geeignete Forum, in dem die von Herrn Melnyk aufgeworfenen Fragen international differenziert ausdiskutiert werden können.
Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung
Der Experte bedauerte, dass die ukrainische Regierung sich hinsichtlich einer IHRA-Mitgliedschaft bisher ablehnend gezeigt habe. "Die von Botschafter Melnyk ausgelöste Debatte sollte Anlass sein, nunmehr rasch eine Aufnahme anzustreben", unterstrich Klein.
Das ukrainische Außenministerium distanziert sich von Aussagen seines Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk. Polen hatte dessen Aussagen zu einem Partisanenführer kritisiert.