Nach 16 Jahren endet die Regierungszeit Angela Merkels. Sie "hat bestochen durch Unbestechlichkeit, ist aufgefallen durch Bescheidenheit", kommentiert Peter Frey den Abschied.
Merkel wurde nicht die Kanzlerin eines einzigen Themas, sondern vieler Krisen. Trotz ihres Rufs als rationale Kopfpolitikerin überraschte sie durch Kehrtwenden und einsame Entscheidungen. Ein Kommentar von Chefredakteur Peter Frey.
Angela Merkels Amtszeit endet mit dem Dreiklang aus DDR-Punk, nostalgischem West-Berlin-Glamour und “Großer Gott, wir loben Dich“. Am Ende zeigt die Pfarrerstochter sich doch noch fromm.
16 Jahre hat Merkel die Republik geführt. Als erste Ostdeutsche, als erste Frau. Sie hat sich durchgekämpft gegen eine männerlastige Partei, für die sie vier Wahlsiege errungen, deren Herz sie aber nie erobert hat. Sie wird der CDU fehlen, als Erfolgsgarantin und Bollwerk gegen populistische Versuchungen.
Nach 16 Jahren verlässt Angela Merkel die politische Bühne. Schlaglichtartig beleuchtet die Dokumentation die "Ära Merkel". Von A wie Angie bis Z wie Zukunft.
Merkel hat bestochen durch Unbestechlichkeit, ist aufgefallen durch Bescheidenheit. Sie konnte Konflikte im Hintergrund lösen und den Erfolg dann anderen überlassen. So wurde sie mächtig, in Europa und in der Welt. Heute ist die Frau, deren einzige Extravaganz die vielen Farben ihrer Blazer sind, eine globale Marke.
Die Krisenmanagerin Merkel
Sie wurde nicht die Kanzlerin eines einzigen Themas, sondern vieler Krisen. Trotz ihres Rufs als rationale Kopfpolitikerin überraschte sie durch Kehrtwenden und einsame Entscheidungen: beim Atomausstieg und vor allem im Flüchtlingssommer 2015. In der letzten, der Corona-Krise ging ihr die Puste aus.
Fast präsidial erreichte sie die Mitte der Gesellschaft, auch Sozialdemokraten oder Grüne. Gleichzeitig wurde sie ganz rechts zur Hassfigur. Dass sie ihr "Wir schaffen das“ im erbitterten Kampf mit der CSU und unter dem Druck der erstarkenden AfD zu den Akten legte, enttäuschte vor allem ihre Anhänger außerhalb der Union. Zumal sie am Ende Recht behielt. Auch bei Merkel ging Machterhalt vor Gradlinigkeit.
Die Ära Angela Merkel endet mit dieser Bundestagswahl. 16 Jahre, die Spuren hinterlassen haben. Was bleibt von Merkels Kanzlerschaft?
Aus Sicht von Journalisten war Merkel immer zu langweilig, zu pragmatisch, zu kontrolliert. Aber sie hat gezeigt, wie die Macht Deutschland auch sein kann: unaufgeregt, verbindlich, weiblich. Nina Hagen, Hildegard Knef und das Gotteslob in Harmonie zu bringen, das muss man erst mal schaffen.
Peter Frey ist Chefredakteur des ZDF.
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