Die Kanzlerin spricht von einem "beispiellosen Vorgehen": Nach der erzwungenen Landung eines Fliegers in Belarus verlangt Merkel die Freilassung des verhafteten Journalisten.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die unverzügliche Freilassung des Bloggers Roman Protassewitsch gefordert, der nach einer Zwangslandung in Belarus festgenommenen wurde.
"Roman Protassewitsch muss sofort wieder freigelassen werden", verlangte Merkel am Montagabend vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel. Das gelte auch für seine Partnerin. Merkel kritisierte das "beispiellose Vorgehen der belarussischen Autoritäten" und sprach von einer erzwungenen Landung.
Festnahme von Protassewitsch bestätigt
Am Abend bestätigten die belarussischen Behörden die Festnahme des Bloggers. Er sei in Untersuchungshaft genommen worden, teilte das Innenministerium mit.
Über soziale Medien wurde ein Video geteilt, in dem Protassewitsch sich über seine Festnahme äußert und - womöglich nach Druck der Behörden - erklärt, an der Organisation von Massenunruhen in Minsk beteiligt gewesen zu sein.
Neue Sanktionen aus Brüssel gegen Belarus
Bei dem Gipfel in Brüssel beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer neue Sanktionen gegen Belarus. So sollen belarussische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen und auch nicht mehr auf Flughäfen in der EU starten und landen dürfen.
Zudem soll es zusätzliche gezielte Wirtschaftssanktionen und eine Ausweitung der Liste mit Personen und Unternehmen geben, gegen die Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gelten.
Großbritannien entzieht Airline Flugerlaubnis
Die Betriebserlaubnis für die staatliche belarussische Fluglinie "Belavia" wurde bereits am Mittag in Großbritannien ausgesetzt, wie Verkehrsminister Grant Shapps auf Twitter mitteilte. Shapps habe außerdem die britische Luftfahrtbehörde angewiesen, Fluggesellschaften aufzufordern, den belarussischen Luftraum zu meiden. Auch die Lufthansa hatte im Vorfeld angekündigt, Belarus vorerst nicht mehr zu überfliegen.
Berlin bestellt Botschafter aus Belarus ein
Neben Merkel hatte das Auswärtige Amt bereits am Mittag "die bisherigen Erklärungen der belarussischen Regierung für die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeuges in Minsk" für "abwegig und nicht glaubwürdig" befunden und den belarussischen Botschafter einbestellt. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem "gravierenden Eingriff in den zivilen Luftverkehr".
Belarus weist Botschafter Lettlands aus
Derweil hat Belarus den lettischen Botschafter und alle anderen Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Grund dafür sei das Hissen der Fahne der belarussischen Opposition bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Riga.
Lettland reagierte umgehend mit der Ausweisung des belarussischen Geschäftsträgers und aller anderen Botschaftsmitarbeiter. Das lettische Außenministerium teilte mit, der Geschäftsträger von Belarus sei einbestellt worden.
Ryanair-Flugzeug zur Landung gebracht, Blogger entführt
Behörden der Republik Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug mit mehr als 100 Passagieren auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht - angeblich wegen einer Bombendrohung. Dabei stieg auch ein Kampfjet vom Typ MiG-29 auf, wie das Militär in Minsk bestätigte.
An Bord war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der von Lukaschenko international gesuchte Blogger Protassewitsch, der in Minsk festgenommen wurde.