Ex-Kanzlerin Merkel: Versäumnisse in Russland-Politik

    Ex-Kanzlerin über Regierungszeit:Merkel: Versäumnisse in Russland-Politik

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    Nach ihrem Abtritt von der großen politischen Bühne hat Angela Merkel sich nur selten geäußert. In einem Interview spricht sie nun von möglichen Fehlern in der Russland-Politik.

    Angela Merkel, aufgenommen am 06.12.2022
    Angela Merkel gibt sich im Interview auch selbstkritisch.
    Quelle: obs

    Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Versäumnisse bei der Abschreckungspolitik gegen Russland eingeräumt und wirft sich vor, nach 2014 nicht energisch genug auf eine bessere Ausstattung der Bundeswehr gedrungen zu haben.
    Russland sei nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim zwar aus den G8 ausgeschlossen worden und die Nato habe Truppen im Baltikum stationiert, sagte Merkel in einem am Mittwoch veröffentlichten "Zeit"-Interview.

    Aber auch wir hätten schneller auf die Aggressivität Russlands reagieren müssen.

    Angela Merkel, Ex-Bundeskanzlerin

    Man habe in der Nato das Ziel beschlossen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben, und die Union habe dies als einzige politische Kraft im Regierungsprogramm gehabt.

    (Aber) Deutschland hat das Zwei-Prozent-Ziel trotz Erhöhung nicht erreicht. Und auch ich habe nicht jeden Tag eine flammende Rede dafür gehalten.

    Angela Merkel, Ex-Bundeskanzlerin

    Altkanzlerin: Entscheidungen aus der Zeit heraus verstehen

    Merkel verteidigte dagegen erneut ihre damaligen Entscheidungen gegenüber Russland und der Ukraine wie etwa das Zustandekommen des Minsker Friedensabkommens. "Es war der Versuch, genau einen solchen Krieg zu verhindern", sagte sie zu dem russischen Angriff im Februar 2022. Zur Kritik etwa der Ukraine fügte sie hinzu:

    Dass das nicht gelungen ist, heißt noch nicht, dass die Versuche deshalb falsch waren.

    Angela Merkel, Ex-Bundeskanzlerin

    Man müsse Entscheidungen aus der Zeit heraus verstehen. Anfang 2015 hätte Russland die Ukraine "leicht überrennen" können. "Und ich bezweifle sehr, dass die Nato-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute, um der Ukraine zu helfen", sagte Merkel.
    Wladimir Putin in sakraler Umgebung.
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    Die Genehmigung für den Bau der deutsch-russischen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 hält die damalige Kanzlerin rückblickend aber nicht für einen Fehler. Ein Verbot des Projekts hätte "das Klima mit Russland gefährlich verschlechtert", sagte Merkel.

    Zum anderen ist die energiepolitische Abhängigkeit entstanden, weil es weniger Gas aus den Niederlanden, aus Großbritannien und begrenzte Fördermengen in Norwegen gab.

    Angela Merkel, Ex-Bundeskanzlerin

    Altkanzlerin über Kreml-Chef
    :Merkel: Am Amtszeit-Ende machtlos gegen Putin

    Ex-Bundeskanzlerin Merkel hat im "Spiegel" von Machtlosigkeit gegenüber Russlands Präsidenten Putin am Ende ihrer Amtszeit berichtet. Für den Kreml-Chef zähle nur Macht.
    Russian President Vladimir Putin and German Chancellor Angela Merkel enter a hall during a news conference following their talks at the Kremlin in Moscow, Russia
    Quelle: Reuters, Zeit

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