In ihrer ersten öffentlichen Rede seit rund einem halben Jahr hat sich Ex-Bundeskanzlerin Merkel auch zum Ukraine-Krieg geäußert. Sie spricht von einer "tiefgreifenden Zäsur".
In ihrer ersten öffentlichen Rede seit rund einem halben Jahr hat die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel den russischen Angriff auf die Ukraine als "tiefgreifende Zäsur" bezeichnet. Sie wolle als Bundeskanzlerin außer Dienst keine Einschätzungen von der Seitenlinie abgeben, sagte Merkel am Mittwochabend in Berlin.
Doch zu sehr markiere Russlands Einmarsch in sein Nachbarland einen eklatanten Bruch des Völkerrechts in der Geschichte Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Sie unterstütze alle entsprechenden Anstrengungen der Bundesregierung, der EU, der USA, der Nato, der G7 und der Uno, "dass diesem barbarischen Angriffskrieg Russlands Einhalt geboten wird".
Bis zu neun Milliarden Euro soll die Ukraine von der EU bekommen, um zum Beispiel Krankenhäuser am Laufen halten zu können. Unterdessen rücken im Osten die Angreifer weiter vor.
Merkel: Folgen des Kriegs "erheblich"
Nach monatelanger öffentlicher Zurückhaltung hielt Merkel beim Abschied des langjährigen DGB-Chefs Reiner Hoffmann vor mehr als 200 Gästen die Laudatio. Unter den Gästen waren zahlreiche Weggefährten Hoffmanns aus Politik und Gewerkschaften. Hoffmann wurde im Mai von der ehemaligen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi abgelöst.
Wie weitreichend die Folgen des Kriegs sein würden, könne seriös noch niemand einschätzen, sagte Merkel. Sie würden jedoch erheblich sein - vor allem für die Ukrainerinnen und Ukrainer.
Während des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind bislang etwa 20.000 mutmaßliche Kriegsverbrechen angezeigt worden. Das gab der ukrainische Innenminister bekannt.
Merkel ging auf Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung ein. "Butscha steht stellvertretend für dieses Grauen", sagte sie mit Blick auf die Erschießungen in der Stadt westlich von Kiew.
Auf Geschlossenheit der EU komme es an
Ein kleiner, aber großartiger Lichtblick "in dieser unendlichen Traurigkeit" sei die enorme Unterstützung für die Ukrainerinnen und Ukrainer durch viele Nachbarländer - etwa Polen und Moldau, wie Merkel beispielhaft betonte.
In der aktuellen Situation sei die Geschlossenheit der EU zentral. Die CDU-Politikerin, die bei der Bundestagswahl im September nicht mehr angetreten war, rief die Menschen in Deutschland auf, jeweils eigene Beiträge für die europäische Einigung zu leisten.
Nach einer Volksabstimmung mit Zwei-Drittel-Mehrheit möchte Dänemark in Verteidigungsfragen künftig stärker mit den EU-Ländern zusammenarbeiten und sich militärisch beteiligen.
Zugleich demonstrierte Merkel bei dem Auftritt Loslassen von ihren einstigen Pflichten. Irgendwie sei morgen schon wieder MPK oder auch übermorgen, sagte Merkel. Tatsächlich findet an diesem Donnerstag eine Ministerpräsidentenkonferenz statt. Merkel: "Ich krieg den Tag auch ohne rum."
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