Verbraucht das Privatflugzeug von CDU-Chef Friedrich Merz wirklich weniger Sprit als Dienstwagen der Bundesregierung? Und wo herrscht Tempolimit auf der Autobahn? Ein Faktencheck.
Zur Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Anfang Juli auf Sylt reiste CDU-Chef Friedrich Merz mit dem Privatflugzeug an. Kritik daran kann er nicht nachvollziehen. Im ZDF-Sommerinterview rechtfertigte sich Merz:
Ist diese Aussage korrekt?
Wie viel verbraucht das Privatflugzeug von Friedrich Merz?
Friedrich Merz hat sich für den Kurztrip zur Hochzeit kein Flugzeug angemietet; die zweimotorige Diamond DA62 gehört dem Politiker. Der österreichische Hersteller Diamond bewirbt die DA62 als die "ultimative Flugmaschine".
Der Verbrauch eines Flugzeugs hängt wegen des Luftwiderstands stark von der Flughöhe ab. Diamond selbst gibt für die DA62 einen Verbrauch von 44,7 Litern pro Stunde bei einer mittleren Flughöhe von 12.000 Fuß an. Um den Verbrauch auf 100 Kilometer umzurechnen, kommt es auch auf die Geschwindigkeit an. Der Hersteller nennt eine Maximalgeschwindigkeit von 356 km/h, die reale Reisegeschwindigkeit liegt jedoch meist darunter. Unter optimalen Bedingungen käme der Merz-Flieger so auf einen theoretischen Verbrauch von 12,6 Litern pro 100 Kilometern.
Wie viel verbrauchen die Dienstwagen der Bundesregierung?
Grundsätzlich können sich Bundesministerinnen und Bundesminister ihr Dienstfahrzeug aussuchen – mit Einschränkungen. Auf große Limousinen von Mercedes, BMW oder Audi verzichtet dabei auch die aktuelle Bundesregierung nicht, was auch mit den Sicherheitsanforderungen zu tun hat. Wie viel Sprit diese Dienstwagen pro 100 Kilometer verbrauchen, erfasst die Deutsche Umwelthilfe (DUH) regelmäßig in einer Umfrage unter den Ministerien. Wegen Sicherheitseinschränkungen liegen der DUH für sieben Bundesministerien jedoch keine Daten vor.
Von den neun DUH-erfassten Regierungsmitgliedern fahren Stand Mai zwei rein elektrisch, die Grünen-Minister Cem Özdemir und Steffi Lemke, und sechs einen Hybrid. Diese Fahrzeuge liegen laut DUH bei 1,7 bis 2,7 Liter je 100 Kilometer – plus Stromverbrauch. Einzig Bauministerin Klara Geywitz (SPD) wird bei der DUH noch mit einem puren Verbrenner gelistet. Geywitz' BMW 750Li verbrauche 9,8 Liter pro 100 Kilometer.
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Die Kanzler-Limousine: 19,5 Liter pro 100 Kilometer
Die größten Spritschlucker der Bundesregierung kommen in der DUH-Umfrage jedoch nicht vor. Bei sieben der Bundesministerien werden die genauen technischen Daten der Dienstfahrzeuge aus Sicherheitsgründen nicht herausgegeben. Muss ein Regierungsmitglied wegen der Sicherheitsstufe mit einem gepanzerten Fahrzeug reisen, steigt der Spritverbrauch erheblich.
Ausgerechnet Klimaschutz-Minister Robert Habeck (Grüne) muss so weiterhin auf einen Verbrenner setzen. Als Vize-Kanzler ist er an die Fahrbereitschaft des Bundeskriminalamtes gebunden – und dort gibt es bislang keine geeigneten E-Autos. Der gepanzerte Mercedes S 680 Guard von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verbraucht laut Herstellerangaben ganze 19,5 Liter auf 100 Kilometer. Hier wäre vielleicht sogar das Merz-Privatflugzeug sparsamer – dafür aber nicht gegen Beschuss und Explosionen geschützt.
Auf ZDFheute-Nachfrage hin will das Merz-Team die Interview-Aussage ausschließlich auf gepanzerte Fahrzeuge verstanden wissen. "Die gepanzerten Limousinen des Fuhrparks der Bundesregierung verbrauchen deutlich mehr Sprit pro 100 Kilometer als von der DUH behauptet. Und auch die für Hybridfahrzeuge oder E-Autos benötigte Energie muss produziert werden, oft genug durch Gasverstromung", schreibt ein Merz-Sprecher. Für die DA62 führt der Merz-Sprecher lediglich einen Verbrauch von 9 bis 10 Litern je 100 Kilometer an und verweist auf Herstellerangaben und die "Praxiserfahrungen von Herrn Merz".
Fazit
Dass sein Privatflugzeug "weniger Sprit verbraucht als jeder Dienstwagen eines Mitglieds der Bundesregierung", wie es Friedrich Merz behauptet, ist in dieser Pauschalität falsch. Tatsächlich verbrauchen viele Minister-Dienstwagen deutlich weniger – mit Ausnahme der gepanzerten Fahrzeuge einzelner Regierungsmitglieder. Sie haben jedoch oft kaum eine Wahl bei der Auswahl ihrer Dienstwagen.
Auch zum Tempolimit auf Autobahnen hat sich Friedrich Merz im Sommerinterview geäußert. Teil zwei des Faktenchecks:
Auf wie vielen Autobahnen gibt es ein Tempolimit?
Die Diskussion um das Tempolimit auf Autobahnen sei laut Merz ein "Symbolthema".
Stimmt das?
Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen, die zuständig für alle Autobahnen in Deutschland ist, sind gut drei Viertel der Bundesautobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Allerdings: Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2015, aktuellere gibt es derzeit dort nicht.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet etwas anders. Wenn man alle Straßen einbeziehe, also auch Orts- und Landstraßen, hätten "mehr als 96 Prozent der Straßen" ein Tempolimit. So sieht es auch ein Merz-Sprecher gegenüber ZDFheute: "Die Aussage bezog sich auf alle Straßen und ist somit richtig." Der VDA sagt, dass bei den Autobahnen "30 Prozent des Netzes dauerhaft oder zeitweise tempobegrenzt" seien. Laut ADAC sind es knapp zehn Prozent des Straßennetzes, bei denen die Geschwindigkeit je nach Verkehr und Witterung zusätzlich flexibel begrenzt werden könne.
Fazit
Die Korrektheit der Merz-Aussage hängt komplett davon ab, auf welche Grundmenge man sie bezieht. Bei den Autobahnen sind etwa 70 bis 75 Prozent ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Bezogen auf das gesamte deutsche Straßennetz ist die Aussage des CDU-Chefs hingegen korrekt.
Abschließend ein Faktencheck in eigener Sache:
Im Sommerinterview konfrontierte ZDF-Moderatorin Shakuntala Banerjee Merz mit einer vermeintlichen Aussage von CSU-Chef Markus Söder zur Haltung der Union in Sachen Russland-Sanktionen: "Sie haben aber auch gehört, dass Herr Söder gesagt hat: Im Ernstfall sollten wir nochmal darüber reden, Nord Stream 2 aufzumachen?"
Diese Zuspitzung war jedoch nicht korrekt. Sie fußte auf einer Aussage von Söder in der "Bild am Sonntag" vom 17. Juli: "Wäre die Bundesregierung vorbereitet, wenn Wladimir Putin erklärt, dass die Instandsetzung von Nord Stream 1 länger dauert, und er anbietet, dafür Nord Stream 2 zu nutzen?"
Söder thematisiert damit die physische Möglichkeit, Gas aus Nord Stream 2 zu beziehen, ohne sie sich aber zu eigen zu machen. Dahinter mag politisches Kalkül stehen, ein sanktionsrechtliches Fass aufzumachen: Nord Stream 2 ist nicht zertifiziert und von den USA mit Sanktionen belegt. Die Nicht-Inbetriebnahme gehört bislang zu den vergleichsweise unumstrittenen Elementen der europäischen Sanktionspolitik. So pauschal wie in der ZDF-Frage dargestellt, hat Söder jedoch keine Forderung zu Nord Stream 2 formuliert.
- Merz: Energiesparpläne "reichlich spät"
CDU-Chef Merz hat die Schwesterpartei CSU im oberfränkischen Kloster Banz besucht. Diesen Termin nutzte er vor allem dazu, die amtierende Ampel-Regierung zu kritisieren.