CDU-Chef Friedrich Merz klagt in einem Interview über einen "Sozialtourismus" ukrainischer Flüchtlinge. Sein Vorwurf löst Empörung aus. Danach entschuldigt er sich.
CDU-Chef Friedrich Merz hat einen "Sozialtourismus" von ukrainischen Flüchtlingen nach Deutschland beklagt. Er sagte in einem Interview bei Bild TV:
Kritikpunkt Grundsicherung
Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger.
Die Flüchtlingszahlen sorgten für eine „angespannte Unterkunftssituation“, so Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag, und fordert einen Flüchtlingsgipfel, um sich über die Finanzierung zu verständigen.
Noch größere Probleme erwartet Merz nach eigenen Worten mit Flüchtlingen aus Russland, "wenn die Bundesregierung das täte, was die Bundesinnenministerin vorgeschlagen hat, nämlich hier jetzt praktisch allen Verweigerern des Kriegsdienstes, der Mobilisierung in Russland Zugang zur Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen". Die Union sei "strikt dagegen".
Faeser: "Jedes Demokraten unwürdig"
Das schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Antwort auf die Vorwürfe von Merz im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Sozialtourismus" sei 2013 "Unwort des Jahres" gewesen. Es sei "auch 2022 jedes Demokraten unwürdig".
- Bleiben Sie auf Stand mit dem ZDFheute Update
Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.
Faeser hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" angekündigt, von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhielten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland.
Die Erteilung von Asyl sei jedoch eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge.
Grüne zeigen sich empört
Die Merz-Behauptung hat auch bei den Grünen Empörung ausgelöst.
Das fragte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang auf Twitter.
Vorwurf des Rechtspopulismus
Fraktionschefin Britta Haßelmann schrieb dort:
-
-
Auch Russlands Nachbar im Süden nimmt Menschen auf, die vor Putins Bomben fliehen. Kasachen, Russen und Ukrainer arbeiten hier zusammen, um den Menschen in der Ukraine zu helfen.
Für den Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin steht außer Frage, dass auch russische Kriegsverweigerer in Deutschland Schutz bekommen sollten. Er sagte RTL/ntv:
Entschuldigung von Merz
Mit dem Wirbel, den seine Äußerungen verursacht haben, hatte CDU-Chef Friedrich Merz offenbar nicht gerechnet: Inzwischen hat er sich für seine Wortwahl eines "Sozialtourismus" von Ukraine-Flüchtlingen entschuldigt. Er twitterte:
Merz ergänzte: "Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems." Merz schrieb, sein Hinweis "galt ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren."
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Liveblog- Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.