Was braucht die Ukraine, um sich militärisch gegen Russland zu wehren? Und warum sind die kommenden zwei bis drei Wochen dabei wichtig? US-Militärexperte Ben Hodges hat Antworten.
Wird Deutschland zur Kriegspartei?
ZDF: Wie lange kann sich die Ukraine der russischen Armee noch widersetzen?
Ben Hodges: Ich glaube, die Ukrainer können sich den Russen für unbegrenzte Zeit widersetzen, über Monate hinweg. Der Unterschied ist: Wenn wir ihnen in bedeutender Weise helfen, können sie gewinnen, dann können sie das Rückgrat der russischen Kräfte in den nächsten Wochen brechen. Wenn wir ihnen nicht helfen, könnte das alles noch Jahre dauern.
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ZDF: Was brauchen die Ukrainer also aus militärischer Sicht, um diesen Krieg zu beenden?
Hodges: Sie brauchen drei Dinge: Erstens müssen sie hören, dass der Präsident der Vereinigten Staaten und die Europäer sagen: "Wir wollen, dass die Ukraine gewinnt, wir wollen, dass die Ukraine in der Lage ist, mindestens den Stand vom 24. Februar wiederherzustellen."
Zweitens haben sie ausdrücklich um die Fähigkeit gebeten, die russischen Systeme zu zerstören, die den größten Schaden anrichten. Das heißt, die Langstreckenraketen und Artillerie und die Fähigkeit, russische Schiffe zu treffen.
Drittens brauchen sie nachrichtendienstliche Informationen, die wir liefern können, etwa wo diese russischen Langstreckensysteme sind.
ZDF: Die ukrainische Seite fordert noch mehr und noch stärkere Waffen. Sie sagt: "Mit alten Stinger-Raketen und gepanzerten Wagen gewinnen wir keinen Krieg." Sind diese Forderungen übertrieben?
Hodges: Sie brauchen all diese Dinge, um den Kampf fortsetzen zu können. Ich spreche davon, das aktuelle, sehr enge Zeitfenster zu nutzen, in dem sich Russland gerade zurückzieht, in dem Russland desorganisiert ist, in dem es versucht, sich neu zu organisieren. Wir haben ein Zeitfenster von etwa zwei, vielleicht drei Wochen, in denen die Ukraine wirklich die Intensität erhöhen muss, um zu gewinnen. Etwas in der Größenordnung der Berliner Luftbrücke, dann denke ich, hat die Ukraine eine gute Chance. Ansonsten werden die Russen zurückkommen und wir werden jahrelang mit dem Problem zu tun haben.
Es wird nach den Bildern in Butscha "sicher keine Normalisierung mehr geben können", sagt Grünen-Chef Omid Nouripour.
ZDF: Haben die Deutschen und andere Länder zu lange gezögert, der Ukraine militärisch zu helfen?
Hodges: Ich würde nicht sagen, dass es zu lange gedauert hat, denn es besteht immer noch eine Chance. Aber mit Sicherheit haben wir alle, einschließlich der Vereinigten Staaten, zu lange gewartet, um das zu tun, was wir früher hätten tun sollen. Unzählige Menschen sind gestorben, weil der Kreml sieht, dass der Westen so viel Angst vor einer möglichen Eskalation hat, dass er bisher nicht bereit war, das Notwendige zu tun, um das russische Militär zu stoppen.
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ZDF: Angesichts des immer noch andauernden Kriegs und der Tatsache, dass Russlands Plan, das Land schnell einzunehmen, nicht funktioniert hat: Glauben Sie, dass Wladimir Putin seine Pläne nun ändern wird?
Hodges: Die Russen haben die Entscheidung getroffen, sich auf einzelne Regionen zu konzentrieren, als sie erkannten, dass der ursprüngliche Plan ein Fehlschlag war, dass die Ukrainer viel zäher waren, als sie erwartet hatten. Und wir haben auch gesehen, dass die russischen Streitkräfte nicht annähernd so gut sind, wie wir erwartet hatten, wegen der jahrzehntelangen Korruption in ihrem eigenen System.
Am 9. Mai steht ein wichtiger Tag an, den die Russen als Tag des Sieges bezeichnen. Sie veranstalten dann jedes Jahr eine große Parade auf dem Roten Platz. Sie können sich also sicher sein, dass ein immenser Druck auf den Generalstab ausgeübt wird, rechtzeitig zum 9. Mai einen Sieg zu erringen. Und deshalb haben sie beschlossen, sich speziell auf Mariupol und den Rest des Donbass zu konzentrieren, damit sie eine Art Sieg vorweisen können.
Nach den Gräueltaten in Butscha gibt es wahrscheinlich auch Kriegsverbrechen an anderen Orten. Moskau weist die Schuld von sich, Selenskyj will weiterverhandeln.
ZDF: Wie bewerten Sie den immer deutlicher zu Tage tretenden Versuch Russlands, nicht nur militärische Stützpunkte, sondern auch die zivile Infrastruktur in der Ukraine zu zerstören?
Hodges: Russland wählt jetzt einen mittelalterlichen Ansatz: Städte zu zerstören, Zivilisten zu ermorden, ein Flüchtlingsproblem zu schaffen, das die ukrainische Regierung, aber auch die europäischen Regierungen unter immensen Druck setzt. Sie hoffen, dass man einknickt, dass man sagt: "Um Himmels Willen, bitte hört auf mit dem Morden, wir unterschreiben alles." Das ist die Taktik. Sie tun dies auch, um jegliche Symbole des ukrainischen Staates zu beseitigen.
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Präsident Putin sagt seit Jahren, dass die Ukraine kein echter Staat sei, und deshalb versucht er, alle Möglichkeiten zunichte zu machen, dass die ukrainische Regierung und Wirtschaft wieder auferstehen können. Deshalb werden zum Beispiel die Küstenstadt Mariupol am Asowschen Meer und all die Infrastruktur zerstört, weil es für die Ukraine sehr schwierig wird, wenn sie ihre Häfen nicht wieder ans Meer anbinden können.
Das Interview führte Reinhard Laska von der Redaktion "frontal".
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