Im Donbass versucht Russland, den Ostteil der Front zu isolieren und die ukrainischen Truppen einzukesseln. Bei Charkiw gab es einen erfolgreichen ukrainischen Gegenangriff.
Der Osten des Landes und insbesondere die noch ukrainisch kontrollierten Gebiete der Regionen Donezk und Luhansk waren in der vergangenen Woche Hauptschauplatz der Kriegshandlungen in der Ukraine.
Russland hält den Druck auf die ukrainischen Streitkräfte aufrecht, offenbar in der Absicht, durch Zermürbung des Gegners zu gewinnen, und versucht gleichzeitig, die Schwächen der ukrainischen Verteidigung ausfindig zu machen.
Konstanter Druck und kleine Erfolge Russlands
Im nördlichen Teil des Donbass gelang es russischen Truppen, den Fluss Sewerskij Donez bei Bilohoriwka zu überqueren, jedoch wurden sie anschließend wieder zurückgedrängt. Wäre es ihnen gelungen, weiter vorzudringen, hätten sie die ukrainischen Streitkräfte, die in Sewerodonezk-Lysytschansk kämpfen, in ernsthafte Schwierigkeiten bringen können. Die ukrainische Verteidigung hält auch in anderen Abschnitten des Flusses noch stand, obwohl die Russen im Gebiet Jampil-Lyman kleinere Erfolge erzielen konnten.
Moskau will Gegenseite isolieren
Wahrscheinlich wird Russland seinen Vorstoß südlich von Izyum reduzieren und sich größtenteils auf den Abschnitt Jampil-Lyman konzentrieren, um die ukrainischen Kräfte, die im östlichen Teil der Front kämpfen, zu isolieren. Sollte es ihnen gelingen, bei Yampil durchzubrechen, würde das zu einer Teilung der Front führen und damit die Aussichten der Ukraine in der östlichen, stärker isolierten Region ernsthaft verschlechtern.
Im Osten gelang es den russischen Streitkräften, die Kontrolle über die Stadt Popasna zu erlangen, die seit 2015 eine der befestigten ukrainischen Stellungen an der Kontaktlinie ist. Die nächstgelegene befestigte ukrainische Stellung befindet sich in Bakhmut, etwa 20 Kilometer weiter westlich. Sollte Bakhmut fallen, wäre dies ein wichtiger Erfolg für die russische Armee, da dies die ukrainischen Verteidiger in Sewerodonezk-Lysytschansk weiter isolieren würde.
Eine strategisch wichtige Stadt – direkt an der Front. Von hier könnten die Russen Odessa oder Kiew angreifen. Die Wasserversorgung ist schon zerstört.
Ukrainische Gegenoffensive
Der ukrainische Gegenangriff in der Region Charkiw hat an Dynamik gewonnen und könnte sich zu einer groß angelegten Gegenoffensive entwickeln. Den ukrainischen Streitkräften ist es gelungen, die russischen Truppen mehr als 20 Kilometer von Charkiw zurückzudrängen. Sollten sie ihren Vorstoß fortsetzen, werden sie bald die ukrainisch-russische Grenze erreichen. Die sich zurückziehenden russischen Truppen sprengten mehrere Brücken, um den Vormarsch der Ukraine zu verlangsamen, was möglicherweise darauf hindeutet, dass Russland nicht die Absicht hat, Charkiw in nächster Zeit erneut zu belagern.
Aufgrund des Gegenangriffs ist Charkiw für den Großteil der russischen Artillerie bereits außer Reichweite, so dass der Druck auf die zweitgrößte Stadt der Ukraine nachlässt. Allerdings greift Russland die Stadt weiterhin mit Flugzeugen und Raketen an.
Noch keine Gefahr für die russische Offensive
Kurzfristig ist es unwahrscheinlich, dass die ukrainische Offensive in Charkiw die russischen Operationen im Donbass direkt bedrohen kann. Die russischen Nachschublinien für diese Operation verlaufen relativ weit von Charkiw entfernt, und aufgrund des komplizierten Geländes wäre es für die ukrainischen Streitkräfte nicht einfach, so weit vorzurücken.
Der Gegenangriff zwingt Russland jedoch bereits jetzt, einen Teil seiner Streitkräfte sowohl aus Richtung Izyum als auch aus anderen Regionen Russlands zu verlegen, um zu verhindern, dass der ukrainische Gegenangriff weiter an Boden gewinnt und die russischen Hauptanstrengungen im Donbass gefährdet.
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Kampf um Mariupol noch nicht beendet
Im Süden sind die Kämpfe in der Azovstal-Fabrik in Mariupol noch im Gange. Entgegen den Meldungen vom Wochenende sitzen dort offenbar noch einige Zivilisten und Hunderte von ukrainischen Soldaten fest. Die Chancen, dass die verbliebenen Zivilisten gerettet werden, sind äußerst gering.
Die russische Armee greift Azovstal sowohl aus der Luft als auch mit Bodentruppen, einschließlich Panzern, an. Die Fabrik hat massive Schäden erlitten; es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Besatzungstruppen in der Lage sein werden, die Produktion in absehbarer Zeit wieder in Gang zu setzen.
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