SPD-Fraktionschef Mützenich kritisiert den Ukraine-Kurs von Außenministerin Baerbock: Es brauche mehr diplomatische Initiativen, um den Krieg zu beenden, sagte er dem ZDF.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vorgeworfen, sich zu wenig für eine diplomatische Lösung in der Ukraine einzusetzen. In seiner Wahrnehmung fühle er sich durch Meinungsumfragen unterstützt, nach denen 60 Prozent der Deutschen mehr diplomatische Initiativen wollen, sagte Mützenich der ZDF-Sendung Berlin direkt:
Mützenich sagte, es komme auf eine "Balance" zwischen dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und der Diplomatie an. Die vergangenen Wochen hätten bewiesen, dass diplomatischer Fortschritt möglich sei. So habe trotz massiver militärischer Auseinandersetzungen der größte Gefangenenaustausch stattgefunden. Auch die Übereinkunft über die Getreidelieferungen sei ein "leidlicher Erfolg".
Nouripour verteidigt Baerbock
Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigte dagegen die Ukraine-Politik der Außenministerin. "Annalena Baerbock tut alles, was sie kann, damit wir zu Frieden kommen", sagte Nouripour dem ZDF. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sage laut Nouripour völlig zurecht, dass sich Deutschland eng mit seinen Partnern abstimmen müsse, beispielsweise bei Waffenlieferungen: "Zu diesen Partnern gehört unabdinglich auch die Ukraine, und der Kollege Mützenich sollte das wissen."
Nouripour betonte, die Verhandlungserfolge, die es gegeben habe, "verdanken wir der Ukraine". Es sei offensichtlich, dass Waffenstillstandsverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt die Position der Ukraine schwächen würden.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
Russland hatte am Freitag erneut seine Verhandlungsbereitschaft mit der Ukraine beteuert. Allerdings hatte der Kreml stets ausgeschlossen, über die Rückgabe der eroberten Gebiete zu reden. Zahlreiche Regierungspolitiker in Moskau bestehen auf der bedingungslosen Kapitulation der Ukraine. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ostukrainischen Republiken hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Dekret verboten, Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu führen.
Auch der Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels, der ukrainische Autor Serhij Zhadan, sieht Verhandlungen skeptisch: Kompromisse seien Zeitbomben: "In meinem Verständnis wird ein echter Frieden, ein Frieden, der uns Garantien, der uns Sicherheit gibt, erst nach dem Sieg möglich sein."
- "Frieden wird erst nach Sieg möglich sein"
"Morgen wachen wir auf und sind dem Sieg einen Tag näher" - so beendet Serhij Zhadan viele seiner Social Media-Posts. Heute erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.