Vor einem Jahr putschte das Militär in Myanmar, seitdem herrscht im Land eine strenge Kontrolle durch das Regime. Journalisten können nur unter Gefahr aus dem Land berichten.
Stephen ist gerade in seinem "Safehouse" angekommen, seinem Versteck. Er lebt dort mit ein paar Freunden. Sein eigentliches Zuhause ein paar Kilometer weiter, in dem seine Ehefrau alleine ausharrt, hat er schon seit Wochen nicht mehr betreten. Es wäre viel zu gefährlich für ihn.
Denn Stephen, dessen richtiger Name ein anderer ist, berichtet als Journalist aus einem Land, das seit einem Jahr brutal vom Militär regiert wird - und das die ehemalige De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi vor Gericht und unter Hausarrest gestellt hat.
Aung San Suu Kyi, die Ikone der Demokratiebewegung in Myanmar und Friedensnobelpreisträgerin, schweigt angesichts des Massenmordes an den Rohingya in ihrem Land.
Regime hat Handys und Internetnutzung teurer gemacht
Die Whatsapp-Verbindung nach Yangon, der Hauptstadt Myanmars, ist gut. "Die Junta steht fast an jeder Straßenkreuzung", sagt Stephen am Telefon, "Militärposten verschanzen sich in kleinen Bunkern und überwachen den Alltag." Zwar laufen die Geschäfte wieder fast normal und die Märkte seien gut besucht, aber:
Die Wirtschaft sei massiv eingebrochen. "Und das Militär will das Leben und die Vernetzung der Burmesen untereinander einschränken, indem sie die Preise für Handys und Internet angehoben hat."
Demonstranten in Myanmar drohen Anklagen wegen Hochverrat
Pünktlich zum Jahrestag der Machtübernahme in Myanmar droht die Junta Demonstranten mit Anklagen wegen Hochverrats. Wer im vergangenen Jahr an Protesten gegen den Putsch teilgenommen habe, könne auf Basis der Anti-Terrorgesetzgebung verfolgt werden, verkündete das Militär vergangene Woche. Gemeint waren damit Demos, bei denen die Einwohner Myanmars als Zeichen ihres Protests allabendlich auf Töpfe und Pfannen geschlagen haben.
Die Junta um General Min Aung Hlaing hat alle Gruppierungen als "terroristisch" eingestuft, die Verbindung zur bewaffneten Widerstandsorganisation "Streitkräfte des Volkes" unterhalten. Auch die Schattenregierung von Vertretern der alten Regierungspartei NLD brandmarkte die Junta als "terroristisch".
Über den Verbleib von Aung San Suu Kyi ist wenig bekannt
In den vergangenen zwölf Monaten sind nach Informationen burmesischer Menschenrechtler 1.500 Menschen durch Sicherheitskräfte ums Leben gekommen, mehr als 11.000 Demonstranten wurden festgenommen.
Nur wenig ist über das Schicksal von Aung San Suu Kyi bekannt. Es gibt seit einem Jahr keine aktuellen Bilder von ihr. Die Freiheitsikone wurde in den vergangenen Monaten mehrfach vor Gericht gestellt und zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Ihre angeblichen Vergehen: Korruption, Geheimnisverrat und Wahlbetrug. Weitere Prozesse sollen folgen. Besucher sind vor Gericht nicht zugelassen.
Myanmar ist ein isoliertes Land
Das Land ist international weitgehend isoliert. Selbst der südostasiatische Staatenbund Asean, traditionell bekannt für die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der jeweiligen Mitgliedsländer, hatte im vergangenen Jahr Min Aung Hlaing von seinem Gipfeltreffen ausgeladen - weil der General sich nicht an einen gemeinsamen Fahrplan für Stabilität und Frieden in Myanmar gehalten hat.
Derweil drängt Stephen zum Aufbruch. Er will wieder auf die Straße, eine Recherche ruft. Fühlt er sich sicher? "Niemand fühlt sich sicher in Myanmar", sagt der Journalist.
Noch immer gelte die Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und vier Uhr morgens. "Und noch immer führt das Militär Razzien durch bei vermeintlichen Gegnern des Regimes", sagt Stephen.
Persönlich bedroht habe er sich bislang noch nicht gefühlt, sagt der Journalist, sollte der Moment aber kommen, dann werde er versuchen Myanmar zu verlassen. Bis dahin aber wolle er als Zeuge über die Zustände in seinem Land berichten. So lange es eben geht.