Ihr Ruf als streitbare Politikerin eilt ihr voraus: Olaf Scholz holt die Hessin Nancy Faeser von der Wiesbadener Landespolitik nach Berlin: Wie tickt die neue Innenministerin?
Der designierte Kanzler Scholz hat verkündet, wer für die SPD ins Kabinett kommt: Darunter die erste Innenministerin Nancy Faeser sowie Karl Lauterbach als Gesundheitsminister.
Ihr Name ist die große Überraschung auf Olaf Scholz' Kabinettsliste: Die 51-jährige Nancy Faeser, eine bundesweit bislang kaum bekannte SPD-Landespolitikerin aus Hessen, soll als erste Frau an die Spitze des Bundesinnenministeriums treten. Faeser leitet damit eines der größten und wichtigsten Bundesministerien, dessen Aufgabenbereich von der inneren Sicherheit über Integration und Bevölkerungsschutz bis hin zur Sportförderung reicht - eine Mammutaufgabe.
Scharfe Kritikerin im hessischen Landtag
In der hessischen Landespolitik zeigte Faeser bislang als Oppositionsführerin in der aktuellen Legislaturperiode durchaus ein gesteigertes Interesse an der Innenpolitik - dies allerdings vor allem als scharfe Kritikerin. Intensiv arbeitete sie sich immer wieder am hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) ab, dessen Rücktritt Faeser schon wiederholt - erfolglos - forderte. Sie warf Beuth vor, die in Hessen aufgetretenen Polizeiskandale unzureichend angegangen zu sein.
Faeser kam am 13. Juli 1970 in Bad Soden im Taunus zur Welt. Die Wurzeln ihrer sozialdemokratisch geprägten Familie liegen allerdings im Ruhrgebiet in Duisburg. Ihr Vater Horst Faeser war Kommunalbeamter. Er zog mit der Familie nach Schwalbach und schaffte es dort bis zum Bürgermeister.
Als letzte der drei Ampel-Parteien hat die SPD die Kandidaten und Kandidatinnen für ihre Ressorts bekanntgegeben. "Die größte Überraschung ist Nancy Faeser. Sie wird als erste Frau das Innenministerium leiten", so ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann.
Berufspolitikerin seit 2003
Nancy Faeser selbst schaffte den Einstieg in die Berufspolitik im Frühjahr 2003 und zog in den hessischen Landtag ein. In die SPD eingetreten war sie schon mit 18 Jahren.
Die mit ihrem Mann und Sohn bis heute in Schwalbach lebende Faeser studierte nach dem Abitur Jura in Frankfurt am Main, machte dort im Jahr 2000 das Zweite Staatsexamen und schloss sich nach einem Semester in den USA einer internationalen Wirtschaftskanzlei an, bevor sie 2007 - da schon als Abgeordnete - in eine Frankfurter Wirtschaftskanzlei eintrat.
Schon früh war erwartet worden, dass Faeser einmal politisch zu höheren Aufgaben ansetzt - aber nicht zuletzt die Schwäche der Sozialdemokraten in den vergangenen Jahren verhinderte dies. So ist ihr Name über Hessen hinaus kaum bekannt geworden. Dort durchlief sie eine klassische Parteikarriere vom Ortsvereinsvorsitz bis zur Generalsekretärin der Hessen-SPD.
Das neue Kabinett ist vollständig, Frauen und Männer sind darin gleichauf. ZDF-Korrespondent Theo Koll erklärt, was zudem an der Verteilung der Ministerien bemerkenswert ist.
Zweimal benannten hessische SPD-Spitzenkandidaten Faeser als Schatten-Ministerin vor Landtagswahlen - unter Andrea Ypsilanti war sie als Justizministerin auserkoren, unter Thorsten Schäfer-Gümbel als Innenministerin. Doch Ypsilanti und Schäfer-Gümbel scheiterten an der CDU. Schäfer-Gümbel so krachend, dass Faeser 2019 dessen Nachfolgerin als Landes- und Fraktionsvorsitzende wurde.
Kampf gegen Rechtsextremismus soll Arbeitsschwerpunkt werden
Ihr eigener Ruf litt dabei nie unter den SPD-Pleiten. Und auch dass sie eher zum rechten Flügel der SPD gezählt wird, bremste sie im eher linken hessischen Landesverband nicht.
Diesen Stand erarbeitete Faeser sich vor allem als Innenexpertin. So überzeugte sie als Obfrau im hessischen Untersuchungsausschuss zur Terrorserie des rechtsextremen NSU. Bei ihrer Vorstellung in der Berliner SPD-Zentrale am Montag sagte Faeser auch gleich, dass sie den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu einem ihrer Schwerpunkte als Innenministerin machen will.
Hessens Ministerpräsident und CDU-Chef Volker Bouffier hat Faeser zu ihrer Nominierung als Bundesinnenministerin gratuliert. Sie übernehme mit dem Amt "eine herausfordernde Aufgabe", erklärte Bouffier am Montag in Wiesbaden. "Für deren Bewältigung" wünsche er Faeser "eine glückliche Hand und alles Gute".
- Relativ jung und ziemlich westdeutsch
Die neue Bundesregierung steht. Sie ist ziemlich jung, ziemlich westdeutsch, ziemlich juristisch und ziemlich unbayerisch. Kompetent? Vielleicht.
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