Ein Ende des Einsatzes in Afghanistan ist noch nicht beschlossen. Die Nato hat diese Entscheidung vertagt. Im Land wächst indes die Angst vor einem neuen Krieg.
Die Nato hat die Entscheidung über das Ende ihres Einsatzes in Afghanistan offiziell vertagt. Man habe keinen endgültigen Beschluss über die zukünftige Präsenz in dem Krisenland gefasst, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg an diesem Donnerstag nach Beratungen mit den Verteidigungsministern der 30 Bündnisstaaten.
Bundeswehr seit fast 20 Jahren vor Ort
Die rund 10.000 Soldaten aus Nato-Ländern und Partnernationen werden damit vorerst in dem Krisenland blieben, um die demokratisch gewählte Regierung durch die Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften zu unterstützen. Unter ihnen sind auch rund 1.100 deutsche Soldaten. Die Bundeswehr ist bereits seit rund 19 Jahren in Afghanistan.
Den internationalen Truppen könnten nun wieder Angriffe und Anschläge der militant-islamistischen Taliban drohen. Grund ist, dass den Aufständischen von den USA über das sogenannte Doha-Abkommen ein Abzug aller ausländischen Soldaten bis Ende April in Aussicht gestellt worden ist, um sie zu Friedensgesprächen und einer Reduzierung der Gewalt in dem Land zu bewegen.
Nato-Truppen wohl noch länger in Afghanistan
Mit der Entscheidung, jetzt noch keinen Rückzug anzuordnen, gilt es allerdings als so gut wie sicher, dass Nato-Truppen länger in Afghanistan sein werden. Grund dafür ist, dass ein geordneter Rückzug hochkomplex ist und mindestens zwei Monate dauern dürfte.
Nach Angaben von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird sich die Bundeswehr auf eine erhöhte Bedrohung der in Afghanistan stationierten Soldaten vorbereiten. Dass man derzeit noch nicht über den eigentlich für den 30. April geplanten Abzug der internationalen Kräfte reden könne, bedeute eine "veränderte Sicherheitssituation", sagte die CDU-Politikerin bereits am Mittwoch.
Taliban drohen mit Krieg
Erwogen wird zum Beispiel, zusätzliche Sicherungskräfte in das Krisenland zu schicken. Die Taliban hatten zuletzt mitgeteilt, jeder, der eine "Verlängerung der Kriege und der Besatzung" anstrebe, werde dafür haftbar gemacht werden. Bereits Anfang Februar hatten sie gedroht, eine Aufkündigung des Doha-Abkommens werde "zu einem großen Krieg führen".
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Als noch größeres Risiko wird von den Alliierten aber gesehen, dass die Taliban kurz nach einem vollständigen Truppenabzug mit Waffengewalt die Macht in Afghanistan übernehmen. Für die junge Demokratie in Afghanistan und Fortschritte bei Frauenrechten oder Medienfreiheit wäre eine solche Entwicklung vermutlich der Todesstoß.
Ayeda Shadab ist Geschäftsfrau und Model. Sie lebt in Kabul - in ständiger Angst vor Anschlägen der Taliban. Einschüchtern lässt sie sich aber nicht.
Zudem drohte Afghanistan nach westlicher Lesart wieder ein Rückzugsort für internationale Terroristen zu werden, die Angriffe auf Nato-Länder planen. Für die Nato wäre das ein Desaster: Ein fast zwei Jahrzehnte langer Einsatz mit Tausenden Toten wäre dann quasi umsonst gewesen.
- Blanke Angst herrscht in Afghanistan
Bei einem Anschlag in Afghanistan sterben 14 Soldaten. Die Taliban bekennen sich zu der Tat. Sie fordern den Abzug internationaler Truppen und die Rückkehr an die Macht.