Schweden und Finnland haben die Nato-Mitgliedschaft beantragt, die Bundesregierung hat direkt nach Abgabe der Dokumente zugestimmt. Doch die Türkei droht nach wie vor mit Veto.
Jetzt ist es offiziell: Schweden und Finnland haben die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Botschafter der beiden Staaten übergaben Generalsekretär Jens Stoltenberg am Morgen in der Brüsseler Bündniszentrale die entsprechenden Dokumente. Direkt danach hat die Bundesregierung beschlossen, der Aufnahme der beiden Ländern zuzustimmen.
Damit könnte der deutsche Nato-Botschafter Rüdiger König nach Abschluss des Nato-internen Aufnahmeprozesses die beiden Beitrittsprotokolle unterzeichnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte bereits vorab eine entsprechende Unterzeichnungsvollmacht erteilt.
Baerbock: Ratifzierung bereits im Parlament besprochen
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte für Deutschland sehr schnelle Abläufe im Nato-Aufnahmeprozess für Schweden und Finnland angekündigt. In Deutschland ist für die Ratifizierung eine Zustimmung des Bundestags notwendig. Baerbock hatte am Wochenende gesagt, die Bundesregierung habe dazu bereits mit allen demokratischen Parteien im Parlament gesprochen.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilte mit, er begrüße die Anträge der beiden nordeuropäischen Länder. Schweden und Finnland seien die "engsten Partner" der Nato.
Nato will Aufnahmeprozess beschleunigen
Grund für Schwedens und Finnlands Wunsch nach Aufnahme in die Militärallianz sind Sicherheitssorgen, die in den Ländern im Zuge von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine aufkamen. Beide Staaten verfolgten bis dahin entschieden eine Politik der militärischen Bündnisfreiheit.
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Mit den Aufnahmeanträgen wird sich nun der Nato-Rat beschäftigen. In ihm sitzen Vertreter der 30 Bündnisstaaten, die im Konsens eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen müssen. Für den Beitritt beider Länder ist ein einstimmiges Votum der Nato sowie die Ratifizierung der Bündnis-Erweiterung durch die Parlamente aller 30 bisheriger Mitgliedstaaten nötig.
Sollten die Beitrittsgespräche erfolgreich verlaufen, könnten Schweden und Finnland innerhalb weniger Monate Nato-Mitglieder werden. In der Regel dauert der Aufnahmeprozess bis zu zwölf Monate. Die Nato will allerdings angesichts der russischen Bedrohung für die beiden Länder in Nordeuropa schneller agieren.
Veto-Drohungen des Nato-Mitglieds Türkei
Überschattet werden die historischen Entwicklungen von den Vetodrohungen des Nato-Mitglieds Türkei. Dieses hatte zuletzt mehrfach deutlich gemacht, dass es dem Beitritt Finnlands und Schwedens nur gegen Zugeständnisse zustimmen will.
Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärt seine Haltung mit der angeblichen Unterstützung der beiden Länder für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Kurdenmiliz YPG in Syrien. Außerdem werden eingeschränkte Waffenlieferungen an die Türkei aus diesem Grund kritisiert.
[Was hinter Erdogans Blockade steckt - ZDFheutelive am 17. Mai im Gespräch mit Experten]
Die Türkei finde, dass die Nato türkische "Sicherheitsinteressen nicht ausreichend berücksichtigt", so ZDF-Korrespondent Jörg Brase. Auch Rüstungsgeschäfte spielten eine Rolle.
Nato-Expertin: Türkei wird nicht einfach nachgeben
"Vor uns liegen wohl noch einige Tage und Wochen der diplomatischen Verhandlungen, des Ringens, denn unsere türkischen Verbündeten werden nicht so einfach nachgeben", sagte die ehemalige Nato-Strategin Stefanie Babst im ZDF-Morgenmagazin. "Aber am Ende werden sie das tun", ergänzte Babst.
Die ehemalige NATO-Chefstrategin Stefanie Babst plädiert für eine "Rollback-Russia-Strategie" und den "Aktionsradius Russlands" einzugrenzen, "mit allen Instrumenten, die wir haben".
Nach Angaben von Diplomaten könnten neben Erklärungen der beiden Nordländer zum Kampf gegen den Terrorismus auch Waffengeschäfte eine Rolle spielen. So will die Regierung in Ankara in den USA F-16-Kampfjets kaufen - in Washington war ein möglicher Deal zuletzt aber politisch umstritten.
- Nato-Beitritt: Warum die Türkei dagegen ist
Schweden und Finnland streben in die Nato - dagegen sträubt sich der türkische Präsident Erdogan. Warum ist das so? Türkei-Experte Brakel beantwortet die wichtigsten Fragen.