Die Nato will ihre schnellen Einsatzkräfte massiv aufstocken - von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldaten. Doch was macht eine solche Truppe? Und wie sind deutsche Soldaten beteiligt?
Es ist eines der zentralen Ergebnisse des Nato-Gipfels in Madrid: Die schnelle Eingreiftruppe soll massiv aufgestockt werden. Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von "weit über 300.000 Soldaten" in erhöhter Bereitschaft. Derzeit sind rund 40.000 dafür abgestellt. Anvisierter Zeitraum für die Verachtfachung: schon kommendes Jahr. Doch was heißt das genau?
Was ist eine schnelle Eingreiftruppe?
Mit der schnellen Eingreiftruppe - Nato Response Force (NRF) genannt - sind Soldatinnen und Soldaten gemeint, die auf Abruf bereit stehen und dann sehr schnell in Krisengebiete geschickt werden können. Sie stammen aus den von Nato-Mitgliedsländern bereitgestellten nationalen Land-, See- und Luft-Streitkräften sowie auch Spezialkräften wie dem deutschen KSK.
Die Bundeswehr schreibt, die NRF solle "allein durch ihre Verfügbarkeit mögliche Aggressoren abschrecken". Das entspricht auch der Funktion der Nato. Sie soll abschrecken - und die Verteidigung sicherstellen, also: Im Angriffsfall wird gekämpft.
Der Militär-Experte Christian Mölling erklärt ZDFheute dazu:
Die NATO plant mit einer neuen Strategie: Die sogenannte schnelle Eingreiftruppe soll zukünftig mehr als 300.000 Soldaten umfassen - acht mal mehr als bisher. Das Bündnis müsse in Russland eine direkte Gefahr sehen, so Generalsekretär Stoltenberg.
Welchen Beitrag leistet Deutschland?
Deutschland will sich mit rund 15.000 Soldatinnen und Soldaten an der NRF beteiligen. Sie sollen im Krisenfall innerhalb von nur zehn Tagen an der Front stehen können. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte gesagt, man sei bereit, "eine Division zu stellen, sprich: 15.000 Soldatinnen und Soldaten". Darüber hinaus sollen 65 Flugzeuge und 20 Schiffe kommen.
Beim Zeitraum ist Deutschland zurückhaltender als Stoltenberg: Das Verteidigungsministerium nennt 2024 als Ziel. Derzeit stellt die Bundeswehr rund 13.700 Soldaten für die NRF.
Noch vor kurzem war die NATO in der Krise: zermürbt von vier Jahren Trump, gezeichnet vom Desaster in Afghanistan, vom französischen Präsidenten als „hirntot“ abgeschrieben.
Schafft die Bundeswehr das?
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD), die sich für die Belange der Truppe einsetzt, hatte schon gemahnt. Das werde eine "enorme Herausforderung" für die Bundeswehr. In Litauen, wo derzeit rund 1.000 deutsche Kräfte die Nato-Ostflanke verstärken, hatten im Februar Unterwäsche und dicke Jacken gefehlt.
Militär-Experte Mölling meint auch:
Neben der Ausrüstungs-Thematik ist auch die Rolle der Bundeswehr in Europa von Belang, denn die gab es in dieser Zuspitzung seit dem Kalten Krieg nicht mehr - im Angriffsfall müssten deutsche Soldatinnen und Soldaten russische Truppen aufhalten. Präsident Putin hatte auf den sich abzeichnenden Nato-Beitritt von Schweden und Finnland eine Truppenverlegung angekündigt.
Die Nato will aufrüsten, aber was passiert mit der Ukraine? ZDFheute live mit Eindrücken aus Kiew und Madrid sowie Einschätzungen von Ex-Nato-General Ergon Ramms.
Was ist das "New Force Model" der Nato?
Die Nato will die Streitkräfte generell umbauen - hin zu einem "New Force Model". Zwei Punkte sind dabei für die Eingreiftruppe zentral: Erstens die Dauer, bis Soldatinnen und Soldaten im Krisenfall vor Ort und kampfbereit sein müssen. Aus Sicherheitskreisen heißt es, dass hier ein dreistufiges Modell angedacht sei.
Und zweitens die feste Region, in der Truppen eingesetzt werden. Das Verteidigungsministerium schreibt dazu: "Die Verbände bleiben in ihren jeweiligen Heimatländern stationiert, werden aber im Voraus bestimmten Ländern und Territorien zugewiesen - zum Beispiel an der Nato-Ostflanke." Im Krisenfall werden sie dann verlegt.
Ist die Nato jetzt nicht mehr "hirntot"?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die Nato 2019 "hirntot" genannt und ein düsteres Bild des Bündnisses gezeichnet. Militär-Experte Mölling stellt den Befund von Macron generell in Frage:
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