Ein Nato-Insider rechnet mit einem langen und immer brutaleren Krieg in der Ukraine. Und warnt: Kiew könnte in 14 Tagen abgeschnitten sein von Essen und Wasser.
Ein Gespräch im Hauptquartier der Nato in Brüssel. Die Abmachung: Was der Mann sagt, darf berichtet werden - sein Name nicht. Er ist, soviel darf man sagen, ein "hochrangiger Nato-Beamter".
Je erfolgreicher der Widerstand, desto brutaler der russische Angriff
Der Beamte berichtet, wie überrascht er und mit ihm die gesamte Militärallianz immer noch ist: Wie unkoordiniert Russland diesen Krieg führt. Und wie erfolgreich der ukrainische Widerstand sei.
Doch je erfolgreicher der ukrainische Widerstand, desto brutaler werde Russlands Kriegsführung. Russland setze nach Informationen der Nato völkerrechtlich geächtete Streumunition gezielt über dicht besiedelten Wohngebieten ein, ebenso wie Vakuumbomben, deren Schockwellen für massive Zerstörung sorgen. "Ich will Ihre Aufmerksamkeit besonders auf die so genannten Schmetterlings-Minen lenken", sagt der Nato-Beamte. Das perfide daran: Die abgeworfenen Minen sehen aus wie Plastikspielzeug - und ziehen somit besonders Kinder an. Einmal aufgegriffen, explodiert die Munition.
Kiew: Warnung vor "verzweifelter Lage" in 14 Tagen
Und dann ist da die Lage der Hauptstadt Kiew, mittlerweile fast vollständig eingekreist von russischen Truppen.
Und: "Wir rechnen mit einer sehr verzweifelten Lage in der Stadt in zehn bis 14 Tagen."
-
Muss man die Warnung ernst nehmen? Das letzte Gespräch mit dem Nato-Beamten ist nur wenige Monate her - im November, als der russische Truppenaufmarsch noch eine Meldung unter vielen war. Ein erneuter Blick in die Notizen von damals zeigt: Das meiste, was er damals prognostizierte, ist genau so eingetreten.
- Bleiben Sie auf Stand mit dem ZDFheute Update
Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.
Nato-Prognose: "Putin wird weiter eskalieren"
Worauf also stellt sich die Nato ein? Zwar würden die Sanktionen des Westens starke Wirkung zeigen. Aber: "Wir halten es für sehr wenig wahrscheinlich, dass sie Putin von weiteren Schritten abhalten. Er wird weiter eskalieren", sagt der Beamte. Aussagen, dass Russland keinen Regierungswechsel in der Ukraine anstrebe, hält man bei der Nato für wenig glaubwürdig.
Russland verfolge nach allen westlichen Erkenntnissen das Ziel: diesen Krieg so lange zu führen wie für seinen Sieg nötig. Die Ukraine aber werde nicht aufgeben, die militärische Auseinandersetzung dürfte sich lange hinziehen. "Wir gehen von Monaten bis Jahren aus", sagt der Beamte. Außer - es gebe einen diplomatischen Durchbruch. Oder einen erfolgreichen Aufstand in Russland. Er würde jetzt gern etwas anderes sagen, sagt der Beamte: Aber beides erwartet die Nato vorerst nicht.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Liveblog- Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.