Zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren hat der Nato-Russland-Rat getagt. Gelingt eine Wiederannäherung, um die Sorgen vor einem großen militärischen Konflikt zu dämpfen?
Angesichts der Sorgen vor einem neuen Krieg in Osteuropa haben die Nato und Russland einen vorsichtigen Versuch der Wiederannäherung unternommen. Erstmals seit zweieinhalb Jahren kam in Brüssel am Mittwoch wieder der Nato-Russland-Rat zusammen.
Beide Seiten berieten rund vier Stunden lang über den Ukraine-Konflikt und andere strittige Themen. Konkrete Fortschritte gab es keine. Beide Seiten sprachen anschließend aber von einem wichtigen Gespräch. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zufolge ist man sich auch einig, den Dialog fortzusetzen.
Gruschko: Nato betreibt Politik wie im Kalten Krieg
Russland beklagte nach dem Treffen jedoch weiterhin fehlendes Entgegenkommen der westlichen Militärallianz. Das Bündnis zeige keine Bereitschaft, die Sicherheitsinteressen anderer Staaten zu berücksichtigen, sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko, der Leiter der Delegation aus Moskau.
Die Nato betreibe eine Politik wie im Kalten Krieg, als es dem Westen darum gegangen sei, die Sowjetunion kleinzuhalten. Russland werde sich gegen ihre Erweiterung nach Osten wehren - notfalls auch militärisch. Zudem kritisierte er, dass das Bündnis sein Land als "Hauptgegner und -gefahr" hinstelle.
Stoltenberg: Positives Zeichen
Nach Stoltenbergs Angaben sind beide Seiten bereit, einen Zeitplan für künftige Treffen auszuloten. "Es ist ein positives Zeichen, dass alle Nato-Verbündeten und Russland am gleichen Tisch saßen und sich substanziellen Themen gewidmet haben", sagte der Norweger.
Zuletzt hatte der Nato-Russland-Rat im Juli 2019 getagt. Zugleich machte Stoltenberg deutlich, dass die Kriegsgefahr aus Sicht der Nato noch lange nicht gebannt sei. Mit Blick auf die Ukraine sagte er:
An dem Treffen im Nato-Hauptquartier nahmen Vertreter aller 30 Nato-Staaten teil. Thema waren nach Stoltenbergs Angaben insbesondere der russische Truppenaufmarsch nahe der Ukraine und Moskaus Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien.
Russland fordert von der Nato Vorschläge
Konkret fordert Moskau den Verzicht der Nato auf eine Aufnahme von Ländern wie der Ukraine und Georgien sowie den Rückzug von Streitkräften aus östlichen Bündnisstaaten. Die Nato lehnt das kategorisch ab. Vize-Außenminister Gruschko forderte von den USA und der Nato nun schriftliche Vorschläge.
- "Wir sehen ein aggressiveres Russland"
Russland sei bereit, militärische Gewalt einzusetzen, macht Nato-Generalsekretär Stoltenberg im ZDF klar. Die Nato stehe nach ihrem Grundsatz zusammen, für die Sicherheit Europas.
Künftig soll nach Nato-Angaben auch über mehr Transparenz bei Militärmanövern gesprochen werden sowie über Wege, gefährliche militärische Zwischenfälle zu verhindern und Weltraum- und Cybergefahren zu reduzieren. Zudem sei angeboten worden, Fragen der Rüstungskontrolle und Abrüstung zu thematisieren. Dies umfasse auch Raketen und Atomwaffen.
US-Delegationsleiterin Sherman sagte nach dem Treffen, die russische Seite habe keine Zusage für Entspannungsmaßnahmen abgegeben, allerdings auch keine gegenteilige Aussage getroffen. Sie forderte Moskau erneut zur Deeskalation auf, "wenn Russland auf diplomatischem Weg zum Erfolg kommen will". Andernfalls drohten "schwerwiegende Konsequenzen".