Erstmals seit zwei Jahren tagt der Nato-Russland-Rat - vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise. Die Erwartungen an das Treffen sind gering. Worum es beim Rat geht: ein Überblick.
Am Mittwoch trifft sich der Nato-Russland-Rat erstmals seit gut zwei Jahren - der 2002 gegründete Rat hatte wegen der Spannungen um die Ostukraine seit Ende 2019 nicht mehr getagt. Die Botschafter der 30 Nato-Staaten und Russlands treffen dafür in Brüssel zusammen (Beginn: 10.00 Uhr, Pressekonferenz gegen 13.30 Uhr). Die Erwartungen an die Konferenz sind gering, allerdings gilt schon das Zustandekommen des Rats als positiv.
Wie der Rat entstanden ist - und worum es heute geht:
Was steht heute in Brüssel auf dem Programm?
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat das Brüsseler Treffen mit den Botschaftern der 30 Nato-Staaten und Russlands vor dem Hintergrund des russischen Truppenaufmarschs an der ukrainischen Grenze einberufen. Bereits am Montag hatten die USA Moskau bei hochrangigen Gesprächen in Genf vor einem Einmarsch in die Ukraine gewarnt.
Stoltenberg lehnt die russische Forderung nach Sicherheitsgarantien ab. Der Kreml will damit eine weitere Osterweiterung des Militärbündnisses sowie die Errichtung von US-Armeestützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre verhindern.
Was ist der Nato-Russland-Rat?
Er ist ein Gesprächsforum, das gut ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kalten Krieges ins Leben gerufen wurde: am 28. Mai 2002, auf einem Gipfeltreffen des Militärbündnisses mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Rom. Der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach von einer "neuen Qualität" der Beziehungen zu Moskau und einem "historischen Ereignis", mit dem das Blockdenken endlich überwunden sei.
Welches Ziel verfolgt der Rat?
Die Nato und Russland wollen gemeinsame Vorhaben abstimmen und Informationen austauschen. Damit soll das Risiko militärischer Zwischenfälle verringert werden. Üblicherweise erfolgen die Treffen auf Botschafter-Ebene, aber auch Ministerräte sind möglich.
"Russland könnte ein Scheitern erklären und als Vorwand für eine Eskalation in der Ukraine nutzen", so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen zu den Gesprächsperspektiven beim NATO-Russland-Rat.
Wie hat sich der Rat entwickelt?
Während die Zeichen anfangs auf Kooperation standen, führte die Nato-Osterweiterung zu wachsendem Misstrauen auf der Seite Moskaus. 1999 nahm die Nato zunächst Polen, Tschechien und Ungarn auf. Im Jahr 2004 kamen Bulgarien und Rumänien dazu, die Baltenstaaten Estland, Lettland und Litauen sowie die Slowakei und Slowenien. Später folgten mehrere Balkanländer, zuletzt 2020 Nordmazedonien als 30. Mitglied.
Was hat Russland gegen die Osterweiterung?
Moskau wirft der Nato vor, sich bis an die russischen Grenzen auszudehnen. Widerstand leistet Putin vor allem gegen die Beitrittsperspektive für die Ukraine und Georgien, die das Bündnis den beiden Ländern auf dem Nato-Gipfel in Bukarest im April 2008 erstmals in Aussicht stellte.
Deutschland unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Nato-Länder verhinderten damals allerdings die unter anderem von den USA gewünschte Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepubliken, weil sie einen Bruch mit Moskau fürchteten.
"Der Westen hat zwei ganz große Hebel: Die Gaspipeline Nordstream 2 und den Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Finanzsystem", so ZDF-Korrespondent Axel Storm zum USA-Russland-Treffen in Genf.
Was passierte dann?
Zu einem Eklat kam es im August 2008 durch das Eingreifen Russlands im Georgien-Konflikt. Die Nato setzte die Treffen im Nato-Russland-Rat daraufhin für mehrere Monate bis zum Frühjahr 2009 aus. Bis heute gilt ein Nato-Beitritt der Ukraine wie Georgiens de facto als unmöglich, solange der Konflikt mit Russland anhält. Zugleich betont das Bündnis immer wieder, Moskau habe kein Vetorecht bei der Entscheidung.
Wie ging es mit dem Nato-Russland-Rat weiter?
Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland herrschte zwischen Juni 2014 und April 2016 erneut Funkstille zwischen beiden Seiten. 2018 führte der Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal in Großbritannien zu heftigen Spannungen.
Seit Ende 2019 lag das Forum im Ukraine-Konflikt zum wiederholten Mal auf Eis. Einen neuen Rückschlag gab es im vergangenen Herbst nach dem Auffliegen mutmaßlicher russischer Spione im Nato-Hauptquartier in Brüssel.
- Der Westen darf sich nicht erpressen lassen
Die US-russischen Gespräche zur Ukraine-Krise haben begonnen. Warum der Westen gar keine Wahl hat, als die von Moskau geforderten "Sicherheitsgarantien" abzulehnen. Ein Kommentar.