Seit Ende März befindet sich der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny im Hungerstreik. Seine Anhänger fürchten um sein Leben. Er wurde nun in ein Gefängniskrankenhaus verlegt.
Der in einem Straflager erkrankte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben seines Anwalts in ein Krankenhaus für Gefangene verlegt worden. Die Gefängnisbehörde hatte den Schritt am Montag angekündigt und zugleich erklärt, der Gesundheitszustand Nawalnys sei "akzeptabel". Er werde täglich von einem Arzt untersucht.
Ärzte: Nawalny drohen Herzprobleme und Nierenversagen
Seine Anhänger fürchten um das Leben des Putin-Gegners, der sich seit drei Wochen im Hungerstreik befindet. Vertraute Ärzte des 44-Jährigen, die keinen Zugang zu ihm haben, hatten vor einem Herzstillstand Nawalnys gewarnt. Demnach wurden bei Nawalny kritische Kaliumwerte festgestellt. Es drohten "jede Minute" eine eingeschränkte Nierenfunktion sowie ernsthafte Herzrhythmusprobleme, hatten sie am Samstag erklärt.
Der Oppositionspolitiker kämpft mit seinem Hungerstreik für eine angemessene medizinische Versorgung. Nach Angaben seiner Unterstützer klagte er zuletzt unter anderem über heftige Rückenschmerzen und Taubheitsgefühle in Armen und Beinen. Ob diese Spätfolgen seiner Vergiftung sind, sei noch nicht klar, berichtet ZDF-Korrespondent Christian Semm:
Laut seiner Frau Julia Nawalnaja hatte der 1,89 Meter große Kreml-Kritiker vergangene Woche nur noch 76 Kilogramm gewogen - neun Kilogramm weniger als zu Beginn seines Hungerstreiks und 17 Kilogramm weniger als vor seiner Verlegung ins Straflager in der Kleinstadt Pokrow.
Westen droht mit Konsequenzen
International wird der Zustand des Widersachers von Präsident Wladimir Putin mit Sorge verfolgt. Die EU, Deutschland und die USA hatten die russische Führung aufgefordert, Nawalny medizinischen Zugang zu gewähren. Die USA hatten Konsequenzen angedroht, sollte er in der Haft sterben.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüßte die Verlegung Nawalnys in ein Krankenhaus. "Unsere Sorge um die körperliche Verfassung von Herrn Nawalny wird dadurch aber nicht geringer", sagte Maas am Montag nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen. Denn diese sei Folge einer Haft, "in der er überhaupt nicht sein dürfte".
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, die EU mache Russland "für die Gesundheitssituation von Herrn Nawalny verantwortlich". EU-Kommissonspräsidentin Ursula von der Leyen forderte eine sofortige Freilassung Nawalnys.
Nawalny hatte im August in Russland einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt und war monatelang in Deutschland behandelt worden. Er wurde im Februar zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.