Der inhaftierte Kreml-Kritiker Nawalny ist in einem neuen Strafverfahren der Veruntreuung schuldig gesprochen worden. Das Urteil: Neun weitere Jahre Haft und eine hohe Geldstrafe.
Der bekannteste russische Oppositionelle Alexej Nawalny ist zu weiteren neun Jahren Straflager verurteilt worden. Das Verfahren wird international als politische Inszenierung des Kreml verurteilt. Nawalny ruft seine Anhänger zum aktiven Protest auf.
In einem weiteren umstrittenen Prozess gegen den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny hat ein russisches Gericht den 45-Jährigen zu neun Jahren Gefängnis unter besonders harten Haftbedingungen verurteilt. Zudem soll der Oppositionelle, der als bekanntester Gegner von Präsident Wladimir Putin in Russland gilt, 1,2 Millionen Rubel Strafe (umgerechnet 8.200 Euro) zahlen, wie die Agentur Interfax am Dienstag meldete.
In dem als politische Inszenierung kritisierten Verfahren sprach die Richterin Nawalny unter anderem wegen Betrugs in besonders großem Umfang schuldig.
Putin-Gegner verbüßt Haftstrafe in Straflager
Nawalny habe sich auf dem "Weg der Täuschung und des Missbrauchs von Vertrauen das Vermögen von Fremden" erschlichen, so die Richterin Margarita Kotowa. Nawalnys Team wies die Vorwürfe zurück und spricht von "politischer Verfolgung". Das Team des Kremlgegners sieht das Vorgehen der russischen Justiz als weiteren Versuch an, Nawalny mundtot zu machen. Es handele sich um ein von Putin und der Präsidialverwaltung in Moskau gesteuertes Verfahren, sagte die Sprecherin des Oppositionellen, Kira Jarmysch.
Nawalnys Frau Julia meldete sich nach der Verurteilung ihres Mannes auf Instagram zu Wort. Sie postete ein Foto und schrieb dazu: "Wenn wir durchgehend Druck standhalten müssen, dann werden wir auch diese Aufgabe meistern." Sie beendet den Beitrag mit diesen Worten: "Ich liebe dich, mein teuerster Mensch auf dieser Welt".
Polizei nimmt Nawalnys Anwälte kurzzeitig in Gewahrsam
Die Anwälte von Alexej Nawalny sind nach dem Urteil kurzzeitig in Polizeigewahrsam genommen worden. Olga Michajlowa und Wadim Kobsew seien in der Nähe des Straflagers in einen Polizeibus gesteckt und weggebracht worden, schrieb Nawalnys Team am Dienstag bei Twitter. Das zeigten auch Video-Aufnahmen. Die beiden Juristen hatten nach dem Urteilsspruch zunächst noch Interviews gegeben.
Der Agentur Interfax zufolge hatte ein Beamter dazu aufgerufen, sie wegen "Störung der Arbeit der Justizvollzugsanstalt" vom Gelände zu bringen. Die beiden Anwälte kamen demzufolge wenig später aber wieder frei. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International bezeichnen den gesamten Prozess gegen Nawalny als "Farce".
Der schwer erkrankte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny wird jetzt in der Berliner Charité behandelt. Dabei soll auch geklärt werden, ob er vergiftet wurde. Wer ist Nawalny?
Verantworten musste sich der zweifache Familienvater diesmal wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern für seine inzwischen in Russland verbotene Anti-Korruptionsstiftung und wegen Beleidigung einer Richterin in einem früheren Verfahren. Nach Angaben seines Teams hatten ihm bis zu 15 Jahre Haft gedroht. Der Putin-Gegner verbüßt derzeit eine mehrjährige Haftstrafe in einem Straflager in Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau. Dort wurde auch der Prozess abgehalten.
Nach Vergiftung in Berliner Charité behandelt
Nawalny war im August 2020 auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hat Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, den Gegner von Präsident Wladimir Putin zu töten. Im Januar 2021 wurde Nawalny bei der Rückkehr in seine Heimat festgenommen und wegen des vermeintlichen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen verurteilt.
20. August 2020. Kreml-Gegner Alexej Nawalny besteigt ein Flugzeug. Ziel: Moskau. Kurz nach dem Start bricht er zusammen, fällt ins Koma. Ein internationaler Polit-Krimi beginnt.
Auch in Haft Kritik am Kreml
Seit seiner Inhaftierung gehen die russischen Behörden massiv gegen Nawalnys Unterstützer vor. Seine Regionalorganisation sowie seine Anti-Korruptionsstiftung wurden verboten. Nawalny selbst sowie einige seiner Mitstreiter wurden im Januar auf eine offizielle Liste von "Terroristen und Extremisten" gesetzt.
Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe Aufsehen erregender Videos über den Reichtum von Vertretern der russischen Elite veröffentlicht. Der 45-jährige Oppositionelle äußert auch vom Gefängnis aus immer wieder heftige Kritik am Kreml. Ende Februar hatte Nawalny seine Anhänger im Online-Dienst Instagram dazu aufgerufen, gegen den russischen Militäreinsatz in der Ukraine auf die Straße zu gehen.
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