Kiew und Moskau wüssten, dass der Krieg irgendwann enden muss, sagt Österreichs Kanzler Nehammer nach seinem Putin-Treffen. Zunächst erwarte er aber eine dramatische Eskalation.
Nach Gesprächen in Kiew und Moskau sieht Österreichs Kanzler Karl Nehammer noch immer eine kleine Chance auf Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. "Es sind beide in der Kriegslogik, aber beide wissen, dass es irgendwann mal enden muss", sagte der konservative Politiker der Deutschen Presse-Agentur und der österreichischen Nachrichtenagentur APA.
Zuvor sei aber noch eine Eskalation der Kämpfe in der ostukrainischen Region Donbass zu befürchten.
Nehammer traf sich am Montag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und war damit der erste EU-Regierungschef, der seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine Moskau besuchte. Davor war der Kanzler am Samstag in Kiew, wo er unter anderem Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj führte.
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Österreich will neutral bleiben
Beide Seiten hätten Nehammer gegenüber den Verhandlungsprozess in Istanbul angesprochen, wo Vertreter beider Kriegsparteien zuletzt Ende März aufeinandertrafen. Diese positiven Signale würden zwar die Entwicklungen im Donbass nicht aufhalten. Sie zeigten jedoch, dass noch nicht alle Türen zu einer Verhandlungslösung geschlossen seien.
Seine ukrainischen Gesprächspartner hätten sich über Österreichs Status als neutrales aber dennoch bewaffnetes Land erkundigt, berichtete er. Trotz der möglicherweise raschen NATO-Beitritte der bislang blockfreien Staaten Finnland und Schweden werde Österreich an seiner Neutralität festhalten, betonte Nehammer.
Putin sind wirtschaftliche Folgen offenbar bewusst
Aus seiner Sicht werden die jüngsten EU-Sanktionen gegen Exporte von Rüstungselektronik Russlands militärische Schlagkraft erst mittelfristig schwächen. "Deswegen führt es jetzt nicht unmittelbar dazu, dass Putin den Krieg beendet." Putin sei sich jedoch durchaus bewusst, dass der Krieg schwere wirtschaftliche Folgen für sein Land habe. "'Ich weiß'", habe der Kreml-Chef gesagt, als Nehammer ihn darauf hinwies.
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Die Versorgung Europas mit russischem Gas ist laut Nehammer auch abseits von Sanktions-Überlegungen nicht gesichert. Kriegsfolgen und die Sprengung von Pipelines könnten etwa zu einem Lieferstopp führen, sagte er. "Das Risiko ist ja ohnehin da, dass das dennoch passieren kann - auch wenn Österreich, Deutschland und andere sich gegen ein Gasembargo aussprechen", sagte der Politiker.
Nehammmer: Gas-Importstop würde schwere Schäden verursachen
Die beiden Nachbarländer und mehrere östliche EU-Staaten sind besonders von russischem Gas abhängig. Nehammer warnte, dass ein von der EU verhängter Importstopp private Haushalte und Industriebetriebe schwer schädigen würde.
In Moskau habe Putin das Thema Gas von sich aus angesprochen, berichtete der Kanzler. Der Kremlchef habe gesagt, dass die Versorgung gesichert sei, dass die vereinbarten Mengen geliefert würden, und dass weiterhin in Euro bezahlt werden könne.
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