Sie wollen gemeinsame Sache machen: die beiden Bundesminister Lemke und Özdemir. Nichts Geringeres als eine "Neuausrichtung der Landwirtschaft" ist das Ziel.
Umwelt- und Agrarministerium kündigen eine "strategische Allianz" zur Neuausrichtung der deutschen Landwirtschaft an. Unter anderem wolle man sich für eine Umverteilung der EU-Flächensubventionen stark machen. Doch viele Bauern sehen die Pläne kritisch.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und ihr Parteikollege und Bundesagrarminister Cem Özdemir streben gemeinsam eine Neuausrichtung in der Landwirtschaft an. "Diese Regierung ist angetreten als Fortschrittsbündnis für Gerechtigkeit, für Freiheit, für Nachhaltigkeit und für eine klimaneutrale, nachhaltige Zukunft.
Auch in der Landwirtschaft wollen wir einen neuen Aufbruch anstoßen", sagte Lemke zum Auftakt des ersten virtuellen Kongresses der beiden Häuser zu Agrar- und Ernährungsfragen.
"Neue strategische Allianz" zwischen Umwelt und Landwirtschaft
Mit Özdemir wolle sie eine "neue strategische Allianz" zwischen Umwelt und Landwirtschaft begründen, die auch den Verbrauchern zugute komme. Als besondere Schwerpunkte nannte sie etwa den Schutz der Artenvielfalt und die Bewahrung von Mooren und Wäldern im Sinne eines natürlichen Klimaschutzes. Bis Ostern kündigte Lemke Eckpunkte für ein "Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz" an.
Die unterstützten Projekte zeigten, wie die Wiedervernässung von Mooren und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Böden zusammenpassen können, erklärte sie. Das Wiedervernässen von landwirtschaftlich genutzten Moorböden gilt als wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. So machten entwässerte Moorböden im Jahr 2019 mit circa 53 Millionen Tonnen Treibhausgasen fast sieben Prozent aller Emissionen in Deutschland aus.
Auf dem Agrarkongress werden nachhaltigere Konzepte für die Landwirtschaft beraten. Viele Bauern stehen vor einem Dilemma, denn Tierwohl und Umweltauflagen bedeuten höhere Kosten, auch für den Verbraucher.
Zur neuen Zusammenarbeit gehöre auch ein "umwelt- und naturverträglicherer" Einsatz von Pestiziden, sagte Lemke. Bis Ende 2023 wolle Deutschland das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat vom Markt nehmen. Auch für eine Neuausrichtung der EU-Fördermittel für Landwirte wollen sich beide Ministerien nach eigenen Angaben einsetzen.
Özdemir sichert Bauern Unterstützung zu
Özdemir sicherte den Bauern beim geplanten Umbau Verlässlichkeit und weitere wirtschaftliche Perspektiven zu. Die Transformation müsse zügig angegangen werden, aber sie müsse auch planbar und machbar sein, sagte der Grünen-Politiker. Dabei sei es wichtig, dass zusätzliche Leistungen der Betriebe finanziell honoriert würden.
Er betonte, das Agrarsystem, wie man es kenne, stecke in einer Krise. Daher sei jetzt die Zeit reif, Landwirtschaft, Natur und Umweltschutz endlich zusammenzubringen. Dabei gehe es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und es komme auch auf Veränderungen bei Ernährungsstilen und beim Verbraucherverhalten an.
Ein Landwirtschaftsbetrieb sei "keine Franchise-Filiale", die zentral Futter oder den Einsatz von Pestiziden vorgeschrieben bekomme. Die Landwirte seien die Fachleute, sagte Özdemir. Er bekräftigte das Ziel, den Flächenanteil des Ökolandbaus bis 2030 auf 30 Prozent auszuweiten - auch dann würden aber weiterhin 70 Prozent der Fläche konventionell bewirtschaftet.
Es gelte, die gesamte Landwirtschaft nachhaltiger zu machen, und zwar nach der Maxime: "Nicht mehr höher, schneller weiter, sondern besser, gesünder und miteinander."
Özdemir: "Eine Art Hausfreundschaft"
Das Fördergeld der EU dürfe nicht wie bisher nur nach Betriebsgröße fließen, sondern müsse stärker daran gekoppelt sein, ob ein Landwirt natur- und umweltfreundlich wirtschafte, erklärte Lemke. "Diese Wege werden wir künftig gemeinsam gehen", betonte Agrarminister Özdemir. "Wir begründen heute eine Art Hausfreundschaft, nämlich dass diese zwei Häuser (...) künftig eben in der Bundesregierung befreundete Häuser sind", sagte der Grünen-Politiker.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will in Deutschland angemessene Preise für Lebensmittel und Agrarprodukte erreichen. "Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben", so der Minister. Doch was bedeutet das für die Landwirte?
In der vergangenen Legislaturperiode hatte es immer wieder Interessenkonflikte zwischen Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Lemkes Vorgängerin Svenja Schulze (SPD) gegeben. Die Zeit sei reif, Landwirtschaft, Natur, Umwelt und Klimaschutz endlich unter einen Hut zu bekommen, sagte Özdemir. Dass die Regierung ihre Kräfte im Tauziehen der Ressorts verpulvere, solle ein für allemal der Vergangenheit angehören. Özdemir betonte zugleich, dass ein sicheres und gutes Einkommen, aber auch gesunde Lebensmittel für alle gewährleistet werden müssten.
Waldbrände und Dürre im Süden Europas, Dauerregen und Unwetter im Norden. Die globale Erwärmung führt zu immer heftigeren Wetter-Extremen. Der Weltklimarat lässt in seinem letzten Bericht keinen Zweifel: Ursache sind die menschengemachten Treibhausgase.