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Branche in Sorge : Neun-Euro-Ticket: Riesenchance oder Eigentor?

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Die Rabattaktion für Bus und Bahn soll Pendler entlasten, Ausflügler und Neukunden anlocken. Zu großer Andrang könnte aber auch zu Frust und Chaos führen, warnen Branchenkenner.

Während einige Internetportale schon "die schönsten Bahnstrecken mit dem Neun-Euro-Ticket" bewerben, sorgen sich Bahngewerkschafter, dass die für den Sommer geplante Rabattaktion den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr ins Chaos stürzen könnte.

Sorge vor "Überlastung des Systems"

Klaus Hommel, der Chef der größten Bahngewerkschaft EVG, befürchtet einen gewaltigen Andrang, eine "Überlastung des Systems" bis hin zum Stillstand:

Ich rechne mit Räumungen überfüllter Züge und wegen Überlastung gesperrten Bahnhöfen.
Klaus Hommel, Bahngewerkschaft EVG

Hommels Worte klingen dramatisch - völlig aus der Luft gegriffen erscheint die Prognose allerdings nicht.

Am 1. Juni soll das Monatsticket für den ÖPNV bundesweit nur neun Euro kosten – drei Monate lang Bahnfahren zum Schnäppchenpreis. Wie stellen sich die Verkehrsbetriebe darauf ein? Stichproben aus Köln und Karlsruhe.

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Prognose: 30 Millionen Menschen wollen Neun-Euro-Ticket

"Es gibt nutzerdatenbasierte Prognosen, wonach 40 Prozent der Deutschen ein Neun-Euro-Ticket kaufen wollen", erklärte Ralf Damde, Vize-Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats DB Regio Schiene/Bus während einer digitalen EVG-Pressekonferenz. Das sind in etwa 30 Millionen Menschen. Der Knackpunkt:

Wir haben nur begrenzte Ressourcen an Maschinen und Personal. In der Sommerzeit, in der die Bahn ohnehin schon sehr stark genutzt wird, werden wir bei dem erwarteten zusätzlichen Andrang überall in der Republik Probleme bekommen.
Ralf Damde, Gesamtbetriebsrat DB Regio Schiene/Bus

Die Gewerkschaft EVG sieht sich durch die kurzfristigen Beschlüsse der Politik überrollt und nun in der Klemme.

Es sei wichtig mit der Energiesteuersenkung Anreize für Energieeinsparungen zu setzen, so Volker Wissing (FDP), Bundesverkehrsminister, zum geplanten Neun-Euro-Ticket des ÖPNVs.

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"Riesenchance für die Verkehrswende"

Einerseits sehe man die große übergeordnete Bedeutung des Neun-Euro-Tickets, wie Heike Moll, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats DB Station&Service AG, betont: "Das Neun-Euro-Ticket ist eine Riesenchance für die Verkehrswende. Wir versuchen, alles in Bewegung zu setzen, um das Projekt zu einem Erfolg zu machen."

Andererseits seien viele Strecken bereits voll ausgelastet:

Es gibt eine Reihe von Hotspots, wo die Hölle auf der Schiene los ist. Auf dem Weg von Berlin zur Ostsee etwa bekommen Sie am Wochenende heute schon keinen Platz mehr, da ist der Zug jetzt schon kurz vorm Kippen.
Heike Moll, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats DB Station&Service AG

Bei dem erwarteten starken Zulauf durch das Neun-Euro-Ticket könne die Lage "schnell sehr kritisch" werden. Deshalb brauche es mehr Fahrgast-Betreuer, mehr Sicherheitspersonal, mehr Züge.

All das lasse sich nicht über Nacht herbeizaubern, werde aber dringend benötigt, dass die Riesenchance nicht zum Eigentor wird.

Ein Mann hebt sein Fahrrad in einen ICE-Zug der Bahn, eine Zugführerin blickt ihm dabei über die Schulter. Der Fahrgastverband Pro Bahn erwartet im Sommer Chaos wegen Fahrrädern in Zügen.

Volle Züge wegen 9-Euro-Ticket - Fahrgastverband: Keine Fahrräder in der Bahn 

Der Fahrgastverband Pro Bahn erwartet mit Start des 9-Euro-Tickets volle Züge und fordert ein Teilverbot von Fahrrädern. Der Städtettag fordert vom Bund mehr Geld für Nahverkehr.

Bund und Länder streiten um Finanzierung

Die Wogen schlagen hoch, dabei ist aktuell noch nicht völlig sicher, ob die Menschen in Deutschland wirklich für neun Euro monatlich von Anfang Juni bis Ende August Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr nutzen können. Theoretisch könnten die Bundesländer das Projekt noch stoppen.

Hauptgrund dafür ist ein Streit zwischen Bund und Ländern über Geld. Zwar will der Bund Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden für das Neun-Euro-Ticket übernehmen und weitere 1,2 Milliarden wegen pandemiebedingt gesunkener Fahrgastzahlen.

Allerdings fordern die Länder zusätzliche Milliardenhilfen des Bundes zur langfristigen Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Darüber wollten die Verkehrsminister der Länder am heutigen Mittwoch mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) während einer digitalen Verkehrsministerkonferenz verhandeln. 

Verkehrsbranche fordert Finanzierungsklarheit von Politik

Die benötigten 3,7 Milliarden Euro Hilfe des Bundes basieren auf einer Prognose der Branche, erklärt Lars Wagner, Sprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auf ZDFheute-Anfrage. "Die Rechnung kann aufgehen, muss aber nicht", so Wagner.

Spätestens gegen Ende des Jahres dürfte aber Klarheit herrschen. Für die Branche wäre es hilfreich, "wenn sich Bund und Länder jetzt schnell abschließend darauf einigen würden, wer im Zweifel die zusätzlichen finanziellen Risiken aus dem Neun-Euro-Ticket und aus der noch immer laufenden Corona-Pandemie in welchem Verhältnis trägt".

Praktische Vorbereitung auf Neun-Euro-Ticket läuft

Unabhängig von den finanziellen Diskussionen bereitet sich die Verkehrsbranche "unter hohem Zeitdruck" auf die Rabattaktion vor.

Während überall in Deutschland die Verkehrsbetriebe versuchen, ihre Fahrkartenautomaten, Online-Ticketshops und Apps umzurüsten, arbeitet die Branche zusätzlich an einer ergänzenden digitalen Vertriebsplattform, die vor allem Neukundinnen und Neukunden erste Orientierung bieten und den Fahrkartenkauf erleichtern soll.

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