Für Bundesverkehrsminister Wissing ist das 9-Euro-Ticket ein Erfolg. Bei den Themen "kostenloser ÖPNV" und "Tempolimit auf der Autobahn" drückt er aber auf die Bremse.
ZDFheute live mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing
Das 9-Euro-Ticket ist erfolgreich angelaufen, sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Folgen sollen kräftige Investitionen in die Infrastruktur. Eine klare Absage erteilt Wissing bei ZDFheute live Forderungen nach einem kostenlosen ÖPNV und einem generellen Tempolimit auf der Autobahn. Das sagt Volker Wissing zu:
Chancen auf langfristig günstigeren ÖPNV?
"Das wollen wir besprechen und evaluieren", sagt Wissing. Beim 9-Euro-Ticket handele es sich um eine besondere Maßnahme aus besonderem Anlass. Es gehe um einen Anreiz, Energie zu sparen und um eine Entlastung der Bürger angesichts der hohen Energiepreise. Eine 9-Euro-Pauschale pro Monat für den ÖPNV sei auf Dauer nicht finanzierbar.
Am ersten Tag des 9-Euro-Tickets gibt es vorerst keine Überlastungen im ÖPNV. Die Spritpreise in der Bundesrepublik sind derweil mit dem Inkrafttreten des Tankrabatts gefallen, ein erster Effekt der Energiesteuersenkung.
Wissing: Tankrabatt und 9-Euro-Ticket passen gut zusammen
Wissing verweist auf die bereits sieben Millionen verkauften 9-Euro-Tickets. "Beide Maßnahmen passen gut zueinander", findet der FDP-Politiker. Auch diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, gelte es zu entlasten. Wissing hofft gleichwohl auf eine Signalwirkung.
Auch auf dem Land werde der Anreiz gesetzt, das vorhandene Angebot auszuprobieren. "Es ist nicht so, dass in der Fläche keine Verbindungen vorhanden wären", sagt Wissing. Und bezeichnet das 9-Euro-Ticket als "eine der größten Werbekampagnen für den ÖPNV in der Geschichte unseres Landes".
ZDF-Reporterin Luisa Houben hat das 9-Euro-Ticket ausprobiert und Eindrücke unter den Fahrgästen gesammelt. Ein Überblick über die Situation in den Zügen.
Was nützen günstige Fahrten, wenn man nicht pünktlich auf der Arbeit ist?
Unpünktliche Züge gibt es, wie Wissing betont, im Wesentlichen im Fernverkehr. Im Nahverkehr sei die Pünktlichkeit deutlich größer. "Die Bahn und ich werden in den nächsten Wochen ein Konzept vorlegen, um das Netz zu einem Hochleistungsnetz umzuarbeiten", kündigt der Verkehrsminister an.
Das werde viele Baumaßnahmen mit sich bringen, die zu Verspätungen führen. "Aber wir müssen das beherzt angehen, nicht alles auf einmal, sondern korridorweise." Nicht richtig wäre in Wissings Augen, aus Sorge vor Beeinträchtigungen auf Sanierungen zu verzichten.
Die Voraussetzung für eine stressfreie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist Pünktlichkeit. Doch hier hapert es noch. Ein Überblick.
Drohen volle Züge?
Womöglich. Wissing betont aber: "Wir haben im Schienen-Personen-Nahverkehr im Moment nur eine Passagierauslastung von 80 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor Corona." Mit den aktuellen Kapazitäten an Fahrzeugen, Fahrtzeiten und Personal lasse sich also eine gewisse Steigerung der Fahrgastzahlen bewältigen.
Bundesweit gilt für drei Monate lang das 9-Euro-Ticket im Öffentlichen Nahverkehr. Die Aktion soll den Bürgern und Bürgerinnen ermöglichen, Geld zu sparen.
Nein zu kostenlosem ÖPNV
"Das ist nicht finanzierbar", stellt Wissing klar. Der Grund: "Wir haben einen erheblichen Bedarf, das Angebot zu optimieren." Schon jetzt zahle der Bund mehr als 13 Milliarden Euro im Jahr, um den Status Quo im ÖPNV zu finanzieren. "Wir können nicht unbegrenzt Geld ausgeben."
Führt das 9-Euro-Ticket zu Preissteigerungen durch einen Nachholeffekt?
Nein, zeigt sich Wissing überzeugt. Der Bund finanziere die gesamten Ticketkosten für die dreimonatige Laufzeit des Programms, die Verkehrsverbände nähmen zusätzlich die 9 Euro pro verkauftem Ticket ein. Einen Anlass, entgangene Erträge nachträglich zu erwirtschaften, gebe es somit nicht.
Mobilitätsforscher Prof. Andreas Knies sagt, der ÖPNV sei "wieder in aller Munde". Zur Popularisierung von Bussen und Bahnen sei ein guter Beitrag geleistet. Der "Tarif-Wirrwarr" müsse verschwinden, um erste Schritte zur Verkehrswende zu ermöglichen.
Nein zu generellen Tempolimit auf den Autobahnen
Wissing ist entschieden dagegen. "Das Tempolimit war keinem der Verhandlungspartner so wichtig, dass es Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hätte", sagt der Verkehrsminister mit Blick auf das Ampel-Bündnis, "wir haben uns auf wirksamere Maßnahmen zur CO2-Reduktion verständigt, und die setzen wir um."
Jeder Bürger brauche das für ihn passende Mobilitätsangebot.
Ein freiheitlicher Ansatz sei notwendig, um die Gesellschaft nicht zu spalten. Ein Klimaschutzprogramm mit maximaler Härte, das dann abgewählt werde, ergebe keinen Sinn. Es brauche einen Konsens in der demokratischen Mitte.
Ab heute tritt wegen der erhöhten Energiepreise der Tankrabatt in Kraft. Sind die Preise an den Zapfsäulen wirklich gesunken? Steffen Wachs berichtet.
Wie soll der Verkehr klimaneutral werden?
Wissing spricht von kräftigen Investitionen in Ladeinfrastruktur, dem Ziel eines flächendeckenden Schnellladenetzes und dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. "Der CO2-neutrale Antrieb ist der wirklich große Wurf. Mit diesem Pfad können wir Klimaneutralität erreichen."
Das Schienennetz hat viele Engpässe – wegen Mängeln und hunderter Baustellen. Nun soll die Arbeit gebündelt und wichtige Strecken sollen grundsaniert werden.
Dafür spreche auch die Förderung der Elektrifizierung des ÖPNV. Die Transformation müsse als Fortschritt empfunden werden. Statt Vorschriften, Einschränkungen, Strafmandaten, Verboten und Mobilitätskürzungen schweben Wissing beispielsweise mit Elektromotor statt Diesel angetriebene Busse vor. "Das gleiche Angebot, sogar leiser."
- 9-Euro-Ticket - das müssen Sie wissen
Bundesweit startet der Verkauf des 9-Euro-Tickets. Die Sondertickets sollen für Juni, Juli und August angeboten werden. Was dabei zu beachten ist: ein Überblick.