EU sieht Sabotage bei Nord Stream und droht mit Sanktionen

    Lecks bei Nord Stream:EU sieht Sabotage und droht mit Sanktionen

    28.09.2022 | 15:15
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    Die Europäische Union sieht in den Lecks in den Pipelines von Nord Stream Sabotage und droht mit Sanktionen. Gegen wen sich der Verdacht richtet, sagten die EU-Vertreter nicht.

    Die Europäische Union hält Sabotage als Ursache für die Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 für wahrscheinlich und hat mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten.
    Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur werde "mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden". Unterdessen tritt das Gas aus den drei Nord-Stream-Lecks nach Angaben der schwedischen Küstenwache mit unveränderter Kraft aus. "Leider kann das Gas nicht eingefangen oder bekämpft werden", sagte ein Sprecher der Küstenwache. Zur Menge des austretenden Gases konnte er keine Angaben machen.

    Wir sind aber sehr sicher, dass die bestehenden Sicherheitsmaßnahmen ausreichen, damit niemand zu Schaden kommt.

    Sprecher der schwedischen Küstenwache

    Keinen Verdacht auf Täterschaft geäußert

    Borrell nannte in der Erklärung keinen Verdacht, wer hinter einem möglichen Sabotageakt stecken könnte. Der Spanier sagte jedoch, dass man über die Schäden an den Pipelines sehr besorgt sei.

    Diese Vorfälle sind kein Zufall und gehen uns alle an.

    Joseph Borrell, EU-Außenbeauftragter

    Bei den Lecks an den Gasleitungen in der Ostsee verdichten sich die Hinweise auf Sabotage. Die Verunsicherung ist groß, auch in Mecklenburg-Vorpommern, wo beide Pipelines auf Land treffen.28.09.2022 | 1:58 min
    Man werde jede Untersuchung unterstützen, die darauf abziele, Klarheit über die Vorgänge zu erlangen. Zudem werde man Schritte unternehmen, um die Energiesicherheit robuster zu machen.
    Zuvor hatte bereits EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter geschrieben, dass sie Sabotage für möglich halte. 
    Tweet von Ursula von der Leyen
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    Auch EU-Ratschef Charles Michel sprach von einem Sabotageakt.

    Kreml: Vorwürfe sind "dumm"

    Auch die Nato geht von Sabotage als Ursache der Schäden an den beiden Nord-Stream-Pipelines aus. Das erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg auf Twitter nach einem Treffen mit dem dänischen Verteidigungsminister Morten Bodskov. Bei dem Gespräch sei es auch generell auch um den Schutz der kritischen Infrastruktur der Nato-Staaten gegangen.
    Tweet von Jens Stoltenberg
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    Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, Vorwürfe wegen der Leckagen an Russland seien "vorhersehbar und dumm". Der an den Ostsee-Pipelines entstandene Schaden verursache Russland hohe wirtschaftliche Verluste, sagte er in einer Pressekonferenz. Die Leitungen seien mit Gas gefüllt gewesen. Alle Systeme seien betriebsbereit gewesen "und Gas ist sehr teuer". Russland erwarte, dass in einer Untersuchung geklärt wird, was mit den Pipelines passiert sei. Der russische Energiekonzern Gazprom werde als Besitzer der Leitungen an der Untersuchung teilnehmen.

    Dänemark: Inspektion erst in ein bis zwei Wochen

    Die Inspektion der Lecks an den Pipelines wird nach Angaben der dänischen Regierung voraussichtlich erst in ein bis zwei Wochen möglich sein. Der dänische Verteidigungsminister Bodskov verwies auf den derzeit in den Leitungen herrschenden Druck und die Menge des austretenden Gases als Hindernisse für die Inspektion. Es sei realistischerweise davon auszugehen, dass es "ohne Weiteres ein bis zwei Wochen dauern kann", bis sich die Lage an den Lecks soweit entspannt habe, "dass sich anschauen lässt, was tatsächlich passiert ist" sagte er bei seinem Treffen mit Stoltenberg in Brüssel. Die Explosion sei "sehr groß" gewesen, "deswegen wird Zeit gebraucht, bevor wir uns dorthin begeben können".
    Insgesamt drei Lecks waren - nach einem ersten Druckabfall in der Nacht auf Montag - sowohl in einer der Röhren von Nord Stream 2 wie auch in beiden Röhren der Nord-Stream-1-Pipeline entdeckt worden.

    Sabotage an der Pipeline? Reaktionen aus Deutschland







    Vorerst Pipeline-Nutzung fraglich

    Auch aus Sicht deutscher Sicherheitskreise sprach vieles für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des Aufwands nur ein staatlicher Akteur infrage kommen, hieß es. Zwar wird derzeit durch keine der Pipelines Gas geliefert, der Gaspreis steigt angesichts der Verunsicherung aber. Nord Stream 2 wurde im Lichte des Ukraine-Kriegs nicht eröffnet, Nord Stream 1 war bis zur kürzlich eingestellten Gaseinspeisung durch Russland eine wichtige Energiequelle für Deutschland.
    Der Schaden in Folge der drei Lecks bedeutet nach Angaben von Analysten, dass die Pipelines wahrscheinlich in diesem Winter nicht genutzt werden könnten, um Gas nach Europa zu liefern, sollte der politische Wille dafür bestehen.

    Schweden: Hinweise auf absichtliche Tat

    Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson hatte am Dienstagabend gesagt, die Informationslage sei noch alles andere als vollständig, aber zwei Explosionen seien identifiziert worden, die drei Lecks verursacht hätten. Basierend auf schwedischen und dänischen Informationen komme man zu dem Schluss, dass es sich vermutlich um eine absichtliche Tat handle.

    Es ist also wahrscheinlich eine Frage der Sabotage.

    Magdalena Andersson, Ministerpräsidentin Schweden

    Ähnlich äußerte sich die dänische Regierung. Die Behörden seien zu der eindeutigen Bewertung gekommen, dass es sich um absichtliche Taten handle und nicht um ein Unglück, sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Innerhalb kurzer Zeit seien mehrere Explosionen beobachtet worden. Es gebe noch keine Informationen dazu, wer dahinterstecke. Zu den Vorfällen sei es in internationalen Gewässern in den Ausschließlichen Wirtschaftszonen Dänemarks und Schwedens vor der Ostsee-Insel Bornholm gekommen.

    USA sagen Unterstützung zu

    Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sprach von einem "Sabotageakt", bei dem es sich "wahrscheinlich um die nächste Eskalationsstufe" im Ukraine-Konflikt handele.
    Auch die US-Regierung geht Berichten nach, denen zufolge die Lecks "das Ergebnis eines Angriffs oder einer Art Sabotage" sind, wie US-Außenminister Antony Blinken sagte. Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, Washington unterstütze Forderungen nach einer Untersuchung und werde sich weiter dafür einsetzen, "Europas Energiesicherheit zu gewährleisten".
    Quelle: dpa, AFP, Reuters, AP

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