In Jena haben sich die drei Täter des NSU radikalisiert. Vor genau zehn Jahren flog die rechtsextreme Terrorgruppe auf. Wie die Stadt mit dem schwierigen Erbe umgeht.
Denn der von Plattenbauten geprägte Stadtteil war einst eine Hochburg der Rechtsextremen. Im Winzerclub trafen sich Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe mit Gleichgesinnten.
Jena nach dem NSU
Und heute? Ortsteilbürgermeister Gebhardt sagt:
Wenige, aber sie seien nicht wegzudiskutieren. Weg sind aber die Angsträume. Der Winzerclub wurde abgerissen, genauso wie das braune Haus, einst Treffpunkt der Rechtsextremen. An ihrer Stelle stehen nun Neubauten.
Die "Baseballschlägerjahre" mit Gebieten, die von Rechten beherrscht wurden, seien vorbei, sagt David Summers von der Kontaktstelle des städtischen Programmes gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Aber: Das Gedankengut blitze immer wieder auf.
Alltagsrassismus und Zivilgesellschaft
Seit Monaten bekommen in Jena Menschen mit muslimisch klingenden Namen unangenehme Post: Schweineteile oder angebrannte Koranseiten im Briefkasten. Alltagsrassismus, der aber mittlerweile benannt und diskutiert werde, sagt Rea Mauersberger, die Vorsitzende des Migrationsbeirates.
Wie können wir Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft überwinden?
Die Brasilianerin lebt seit 1992 in Jena. Lange Zeit hätte man hier weggeschaut, die Rechtsextremen nicht ernst genommen, sagt sie. Das habe sich seit der NSU-Enttarnung deutlich geändert. Jena habe eine starke Zivilgesellschaft.
Und Jena hat auch eine international renommierte Universität, Studierende aus aller Welt. Die Stadt im Osten ist einer der Leuchttürme für Industrie, Wissenschaft und Forschung, wo hunderte internationale Fachkräfte arbeiten. Weltoffenheit ist wichtig für die Zukunft des Standorts.
Kein Schlussstrich
Zum zehnten Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU hat die Stadt Jena ein umfangreiches Programm aufgelegt. Unter der Überschrift "Kein Schlussstrich" gab es über Monate Podiumsdiskussionen, wissenschaftliche Foren und ein bundesweites Theaterprojekt. Ansprache auf verschiedenen Ebenen, auch mit den Mitteln der Kunst.
Das sei "der Ansatz, den wir brauchen, um das Thema in die Köpfe zu holen", sagt Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP). Klar sei aber auch, dass dies nach dem Gedenkjahr fortgesetzt werden müsse. David Summers von der Kontaktstelle glaubt, dass es auf lange Sicht ein Erinnerungszentrum braucht. Vor allem eines, in dem die Opfer und nicht die Täter im Mittelpunkt stünden.
In Jena-Winzerla sollte nun auch die Bus- und Bahn-Haltestelle nach Enver-Simsek benannt werden. Das Vorhaben scheiterte im Ortsteilrat an den Stimmen der AfD und anderer Parteien. Ortsteilbürgermeister Gebhardt will es nun notfalls allein auf den Weg bringen.
- Rechtsextremismus
Vom NSU-Terror über den Mordfall Lübcke bis Hanau: Der Rechtsextremismus wird als große Gefahr gesehen. Streit gibt es darüber, ob die AfD eine rechtsextremi...