Durchsuchungen im österreichischen Kanzleramt: Kabinettsmitarbeiter sind Ziel einer Razzia geworden. Durchsuchungen gab es auch in der ÖVP-Parteizentrale und im Finanzministerium.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist Medienberichten zufolge erneut ins Visier der Justiz geraten. Am Mittwochmorgen gab es Razzien im Kanzleramt, in der Parteizentrale in Wien und im Finanzministerium, wie die ÖVP gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte.
Die Betroffenen seien Mitarbeiter aus dem Kabinett des Kanzlers sowie ein Berater. ORF-Radio sowie mehrere Tageszeitungen berichteten auf ihren Internetseiten, neben engen Vertrauten des Kanzlers sei auch Kurz selbst unter den Beschuldigten.
ÖVP versteht die Durchsuchungen nicht
Zu den Vorwürfen gegen den Kanzler selbst wollte sich zunächst niemand aus der ÖVP äußern. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kündigte eine Erklärung im Laufe des Tages an. Gegen Kurz, der am Westbalkan-Gipfel in Slowenien teilnahm, wird bereits wegen möglicher Falschaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ermittelt.
"Wir haben kein Verständnis für die Hausdurchsuchungen, die heute durchgeführt wurden. Es ist aus unsere Sicht reine Show und Inszenierung (...)", sagte ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Rande der Kabinettssitzung in Wien.
Grüne: Haben Vertrauen in die Justiz
Ein Sprecher des Finanzministeriums bestätigte, dass es eine Razzia in einer Abteilung, aber nicht bei Finanzminister Gernot Blümel oder dessen Kabinett gegeben hat. Zudem würde der Vorwurf, dem die Hausdurchsuchung zugrunde liege, nicht in die Amtszeit des amtierenden Finanzministers fallen, hieß es.
Zurückhaltend zeigte sich bisher auch der Koalitionspartner, die Grünen. "Wir haben vollstes Vertrauen in die Justiz. Die macht ihre Arbeit ohne Ansehen der Personen. Wir werden sehen, wie es weitergeht", sagte Grünen-Klubfrau Sigrid Maurer.
Laut dem ORF-Radiosender Ö1, der sich auf dem ihm vorliegenden Hausdurchsuchungsbefehl beruft, geht es um Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit.
Vorwürfe reichen fünf Jahre zurück
Mit Geld aus dem Finanzministerium soll für ÖVP-Umfragen bezahlt worden sein. Die Vorwürfe reichen etwa fünf Jahre zurück. Kurz soll dem Bericht nach den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, beauftragt haben, diese Vereinbarung zu treffen. Schmid, der zuletzt Chef der Staatsholding ÖBAG war, war im Juni nach einer Affäre um peinliche Textnachrichten mit Kurz zurückgetreten.
Darüber hinaus geht es den Berichten zufolge um Inserate der Zeitung "Österreich". Die Zeitung wies die Vorwürfe zurück. "Zu keinem Zeitpunkt gab es zwischen der Mediengruppe Österreich und dem Finanzministerium eine Vereinbarung über eine Bezahlung von Umfragen durch Inserate". Alle Inseratenzahlungen des Finanzministerium seien durch das Transparenzgesetz offengelegt.