Meldungen über Todesfälle bei russischen Topmanagern häufen sich. Zuletzt wurden zwei Oligarchen und ihre Familien tot aufgefunden. Doch an der offiziellen Version gibt es Zweifel.
Sergej Protosenya war ein Top-Manager beim russischen Energieunternehmen Novatek. Am Dienstag vergangener Woche fand man ihn, seine Frau und seine 18-jährige Tochter tot in seinem Ferienanwesen in der Nähe des spanischen Küstenorts Lloret de Mar. Seine Frau und Tochter starben nach übereinstimmenden Medienberichten an Stichverletzungen, Protosenya selbst wurde erhängt im Garten der Villa aufgefunden.
Erst am Tag zuvor wurde die Leiche von Vladislav Avayev gefunden. Bis kurz vor seinem Tod war er Vizepräsident der Gazprombank, die auch den Ankauf von russischem Erdgas in Rubel abwickeln soll. Avayev, seine Frau und seine 13-jährige Tochter wurden mit Schusswunden in einem Moskauer Appartment entdeckt. Auch hier gehen die Ermittler - wie im Fall von Protosenya - von einem erweiterten Selbstmord aus.
Angehörige zweifeln an Selbstmord-Theorie
Doch es gibt Zweifel: "Mein Vater ist kein Mörder", zitiert die britische "Daily Mail" Protosenyas Sohn. Er glaube, dass alle drei ermordet wurden, da sein Vater der Familie "niemals etwas antun" würde. Die Zeitung zitiert weitere Freunde des Mulitmillionärs, die ebenfalls nicht an einen erweiterten Selbstmord glauben. In einem Pressestatement des Unternehmens Novatek heißt es, Protosenya sei ein "wunderbarer Familienvater" gewesen. Andere Spekulationen hätten "keinen Bezug zur Realität".
Putins Oligarchen zählen zu den reichsten Menschen der Welt.
Genau diese "Spekulationen" waren bisher aber die Theorie, die die spanische Polizei verfolgte. Doch wurde offenbar kein Abschiedsbrief entdeckt, außerdem soll nach Medienberichten auf Protosenyas Kleidung keine Blutspuren gefunden worden sein, obwohl seine Frau und die Tochter blutüberstömt gewesen seien. Auch das würde gegen einen erweiterten Selbstmord sprechen.
Früherer Kollege glaubt an Mord
Auch im Fall Avayev gingen die Ermittler zuerst von dieser Theorie aus, nun untersuchen sie offenbar aber auch Verbindungen im Berufs- und Privatleben.
Igor Volobuyev, ebenfalls ehemaliger Vizepräsident der Gazprombank behauptet in einem Interview mit dem ukrainischen Nachrichtenportal "Liga" nun auch, Avayev sei ermordet worden, genau wie auch Protosenya:
Volobuyev ist in der Ukraine geboren. Bis März war er Vize der Gazprombank, er ist danach in die Ukraine zurückgekehrt, um gegen Russland zu kämpfen.
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Todesfälle häufen sich
Bemerkenswert ist nicht nur der enge zeitliche Zusammenhang der beiden Fälle Protosenja und Avayev - seit Wochen schon häufen sich die Todesfälle russischer Oligarchen:
- Am 24. März wird der Besitzer eines russischen Arzneimittelunternehmens tot aufgefunden. Die offizielle Version auch hier: Melnikow habe zuerst seine Frau und seine beiden Söhne, dann sich selbst erstochen.
- Am 28. Februar wird der russische Tycoon Mikhail Watford erhängt in der Garage seiner Villa im britischen Surrey aufgefunden. Der russische Oligarch hatte sein Vermögen mit Öl und Gas gemacht.
- Am 25. Februar wird die Leiche von Alexander Tjuljakov gefunden. Er war stellvertretender Generaldirektor von Gazprom. Medienberichten zufolge hatte er sich erhängt.
- Am 29. Januar, noch vor Kriegsbeginn, wurde der Gazprom-Manager Leonid Shulman tot im Badezimmer eines Landhauses aufgefunden. Die Polizei geht auch hier von Selbstmord aus.
Insbesondere in den Fällen von Protosenya und Avayev ist unklar, ob es sich tatsächlich um erweiterte Selbstmorde handelt, ob die Taten miteinander in Verbindung stehen.
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