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Julias Chemnitzer Kosmos : "Ich lasse mich nicht in die Angst treiben"

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Viele junge Ostdeutsche bleiben bewusst in ihrer Heimat, um Dinge zum Besseren zu wenden. Wie eine 26-jährige Chemnitzerin die Menschen in ihrer Stadt wieder zusammenbringen will.

Es gibt junge Ostdeutsche, die bewusst in ihrer Heimat bleiben. Sie nehmen ihr Leben in die Hand und wollen die Dinge verbessern.

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Kippe drehen, Laptop starten, mit dem Team letzte Details durchgehen. Chemnitz, Anfang Juni. Zehn Tage hat Julia Voigt noch Zeit, dann steigt das Kosmos-Festival. Die 26-jährige leitet das ambitionierte Event. Ihr Ziel: Die gespaltene Stadtgesellschaft einander wieder näher bringen, vom Studi bis zum alten Karl-Marx-Städter. Auf Plätzen und Straßen, vor Bühnen und auf Podien. "Wir probieren, für jeden was zu schaffen", sagt Julia. "Für die einen ist vielleicht der Mainact Marteria nichts, aber vielleicht freut man sich, wenn die längste Bratwurst der Welt gebraten wird." Auch Skisprunglegende Jens Weißflog hat zugesagt.

Julia geht mit ihrem Team konzentriert die To-Do-Listen durch: Müssen die Getränkestände Plastikbecher anbieten, oder dürfen es Glasflaschen sein? Sollen die Texte der Bands von Gebärdendolmetschern übersetzt werden, um auch Gehörlose nicht auszuschließen? Das Kosmos ist Julias Herzensding, muss ein Erfolg werden.

Chemnitz als Synonym für "braunen Osten"

Weil es der Gegenentwurf zu dem sein soll, was ihre Heimatstadt im Sommer 2018 erlebte: Nachdem ein Asylbewerber einen Chemnitzer erstochen hatte, kam es zu rechtsextremen Ausschreitungen und Demonstrationen. Tausende Bürger schlossen sich an. Vor allem dadurch erlangte ihr geliebtes Chemnitz bundesweit einen zweifelhaften Ruf, steht seitdem synonym für den "braunen Osten."

Julia meint: "Ich glaube, das hat einfach die Netzwerke und Strukturen offengelegt, die es hier gibt." In und um Chemnitz gebe es Freiräume, in denen sich die rechtsextremen Netzwerke professionalisiert hätten. Es sei auch kein Zufall, dass sich der NSU hier niedergelassen habe und Unterstützer hatte, davon ist die Kulturmanagerin überzeugt. Sie selbst ist seit ihrer Jugend konfrontiert mit dem Thema.

Muss der Westen mehr für den Osten tun?

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Viele junge Menschen verließen die Stadt

Als Schülerin, mit 14 oder 15, hat sie mit Freunden das erste Mal bei einer Demo gegen einen Neonazi-Aufmarsch mitgemacht und wäre fast verprügelt worden, von einem "Fascho", der sie verfolgte. "Da hast du Angst und merkst, wie ernst das alles ist und wie lebensbedrohlich. Und dann ist da dieser Punkt. Will ich mich dem aussetzen, oder gehe ich weg?" Weg aus Chemnitz, wie so viele junge Menschen seit der Wende. Julia hat die Entscheidung für sich getroffen: Sie wird Chemnitz nicht im Stich lassen, sondern den rechten Strukturen etwas entgegensetzen.

Wenn sie über ihre Stadt erzählt, gerät sie ins Schwärmen über die Möglichkeiten. "Hier gibt's nicht schon alles wie in Leipzig oder Berlin, du hast ganz viel Platz noch neue Ideen einzubringen, zu entwickeln. Das ist das Reizvolle an der Stadt, dass du zwischen all dem Grau mit einem kleinen Spritzer Farbe schon ganz viel Aufmerksamkeit bekommst."

Sie kennen kein geteiltes Land – denn sie sind in der Zeit der Wende geboren, 1989/90. Vier "Kinder der Einheit" beschreiben ihr Heimatgefühl, in der ZDF-Dokumentation "Ich bin deutsch" zum Tag der deutschen Einheit.

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2 min
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Absagen fürs Festival

Zehn Tage später: Das Kosmos-Festival beginnt - mit Absagen. Auch Marteria kommt nicht. Wegen Krankheit. Julia hat nicht viel Zeit für Frust. Der Rest muss ja laufen. Sie trägt schließlich die Verantwortung für das 50.000-Besucher-Event, mit gerade mal 26. Weil viele junge Leute in den Neunziger und Nullerjahren in Scharen die Stadt verlassen haben, ist die Generation über Julia ausgedünnt. Eine Chance für die Jungen, die jetzt dableiben, schnell in interessante Jobs zu kommen. "Es gab nur eine Option: Mach das jetzt, oder lass es sein", so erinnert sich Julia an das Angebot als Festivalleiterin.

Am Abend ist Julia erleichtert und glücklich: Auch ohne Marteria ist es so voll geworden wie gehofft. "Ich glaube, wir haben hier heute ganz verschiedene Menschen erreicht", sagt sie zufrieden. Was Julia in zehn Jahren macht? Da ist sie selbst gespannt. "Ich bin auf jeden Fall offen dafür, was kommt. Aber ich werde auf jeden Fall hier sein. In dieser Stadt. Also wenn ihr in zehn Jahren wieder kommt, ihr findet mich hier."

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