Deutsche Panzerlieferungen: Welchen Unterschied machen sie?

    Schützenpanzer aus Deutschland:Welchen Unterschied machen Panzerlieferungen?

    Christian Mölling
    von Christian Mölling
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    Deutschland will der Ukraine Schützenpanzer liefern. Das politische Signal in Richtung Russland ist damit klar - aber welchen militärischen Beitrag kann das für die Ukraine haben?

    Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder fährt bei einer Informationslehrübung über einen Übungsplatz.
    Deutschland hat angekündigt, der Ukraine Schützenpanzer zu liefern - aber welchen Unterschied macht diese Lieferung?
    Quelle: dpa

    Schon die erste Woche des Jahres 2023 bringt große Neuigkeiten für die Ukraine: Zunächst Frankreich, danach Deutschland und die USA kündigten die baldige Lieferung von Panzern an. Neben dem großen politischen Signal stellt sich die Frage, welche Bedeutung diese Panzer im Kampf der Ukraine haben können.
    Alle drei Länder liefern Panzer älterer Bauart. Sie alle wurden im Kalten Krieg gebaut, also mit der Vorstellung im Hinterkopf gegen Panzer und Soldaten des Warschauer Pakts zu kämpfen. Wie bei Militärgerät oft üblich, sind diese ersten Versionen weiterentwickelt und angepasst worden, sodass sie auch im heutigen Gefechtsfeld noch einen Beitrag leisten können. Trotzdem werden einige Versionen langsam ausgemustert und durch neuere ersetzt. Diese älteren Modelle können aber in der Ukraine einen sinnvollen Beitrag leisten.

    Schützenpanzer - Aufklärungs-, aber keine Kampfpanzer

    Während die USA und Deutschland Schützenpanzer liefern (Bradley und Marder), will Frankreich mit dem AMX-10 RC einen Spähpanzer übergeben. Schützenpanzer erlauben es der Infanterie, also Soldaten, die eigentlich zu Fuß kämpfen, sich schneller und geschützt mit dem Panzer im Gefecht zu bewegen. Zudem haben Schützenpanzer in der Regel eine Maschinenkanone als eigene Bewaffnung.




    Spähpanzer dienen der Aufklärung des Feindes, bevor dieser auf die eigentlichen Truppen trifft. Mit Kampfpanzer im engeren Sinne sind diese Panzer nicht gleichzusetzen. Diese haben in der Regel eine stärkere Panzerung und Kanone und können damit Panzer direkt bekämpfen. Die Besonderheit des AMX-10 ist seine 105mm Kanone. Für die älteren Panzer russischer Bauart ist er damit immer noch eine Bedrohung.

    Die Klassifikationsdebatte hat Grenzen

    Dennoch sind all diese Kategorien fließend. Wer nach einfachen Gruppen sucht, wird enttäuscht: Es gibt seit Jahrzehnten verschiedene Philosophien und Streit über den "richtigen" Panzer: Kette oder Rad, schnell mit wenig Panzerung, kampffähig mit viel Panzerung etc. Am Ende nimmt die militärische Rolle, die das Fahrzeug übernehmen soll, eine viel gewichtigere Rolle bei der technischen Gestaltung ein als theoretische Klassifikationsdebatten:
    So hatte Frankreichs Armee nie nur die Verteidigung Westeuropas vor Augen, sondern auch das Durchsetzen französischer Interessen in Afrika - das stellt an das Material ganz andere Anforderungen an Geschwindigkeit, Transportfähigkeit etc. Gemeinsam haben sie aber alle, dass sie sowohl in der Offensive als auch in der Defensive sinnvoll eingesetzt werden können.

    Game Changer? Nein! Qualitative Verbesserung? Ja!

    Keiner der Panzer ist ein militärischer "Game Changer", von denen neuerdings so oft die Rede ist, wenn es neue Entwicklungen bei der Unterstützung der Ukraine gibt und gefragt wird, ob dies nun die eine entscheidende Wende auf dem Schlachtfeld bedeutet. Diese Art Wunderwaffe gibt es nur in Hollywoodfilmen.

    Christian Mölling bei maybrit illner
    Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

    ... ist seit Februar 2017 stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Er beschäftigt sich unter anderem mit der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von EU und Nato.

    Tatsächlich entwickelt sich die militärische Kampfkraft aus der Wirkung vieler verschiedener Waffensysteme. Die richtige Kombination dieser Systeme, also das Beherrschen des Kampfes der verbundenen Waffen, ist entscheidend. Hier gehören auch Kampfhubschrauber und Flugzeuge zur Bandbreite der Möglichkeiten.
    Für die Ukraine machen die Panzer militärisch einen Unterschied, weil sie besseren Schutz und höhere Mobilität und Feuerkraft bieten als die russischen Systeme.
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    Zudem besitzt in diesem ausgedehnten Krieg Quantität eine eigene Qualität. Es gibt nicht nur verschiedene Fronten, die weit auseinanderliegen. Es gehen auch ständig Panzer der Ukraine im Kampf verloren. Man erhöht also mit den Lieferungen auch den Pool der verfügbaren Fahrzeuge, beziehungsweise verkleinert schon bestehende Lücken. In dem Sinne sind die Lieferungen ein guter Anfang. Es würde der Ukraine helfen, noch mehr dieser Fahrzeuge zu bekommen.
    Insgesamt verbessert der Westen also so die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukraine bei Ihren nächsten Anläufen, ihr Gelände und ihre Menschen zu befreien, erfolgreich ist. So wird mit militärischen Mitteln die Voraussetzung geschaffen, dass Russland sich ernsthaft über die Aufgabe seiner Kriegsziele und Verhandlungen Gedanken machen muss. Je schneller Russland erkennen kann, dass es auf dem kriegerischen Weg immer mehr Handlungsoptionen verliert, umso schneller kann der Krieg enden.
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