Frankreich: Fragen und Antworten zum Parlamentswahl-Finale

    FAQ

    Mehrheitswahl und zwei Runden:Die Parlamentswahl in Frankreich erklärt

    19.06.2022 | 07:08
    |

    Kaum hat Frankreich seinen Präsidenten gewählt, läuft die nächste Abstimmung. Nach einem knappen Ergebnis der ersten Runde geht die Parlamentswahl in die zweite, finale Runde.

    Die Französinnen und Franzosen stimmen heute über die Zusammensetzung der Nationalversammlung ab. Im Gegensatz zur Bundestagswahl gibt es dabei nur Direktmandate und dafür eine langwierigere Wahl. Und auch das Parlament funktioniert anders. So läuft das Votum im Nachbarland ab.

    Welche Rolle hat die Nationalversammlung?

    Die Nationalversammlung ist das zentrale Machtzentrum des französischen Parlaments. Die 577 Abgeordneten werden auf fünf Jahre direkt gewählt und stimmen über Gesetze ab.
    Mit dem Senat gibt es auch noch eine zweite Parlamentskammer, die allerdings eine weniger wichtige Rolle einnimmt und zu einem anderen Zeitpunkt gewählt wird.
    Denn sind sich die Kammern nicht einig, kann die Regierung der Nationalversammlung das letzte Wort lassen. Der Senat ist derzeit konservativ geprägt. In der Nationalversammlung hat bisher das Mitte-Bündnis des Staatschefs Emmanuel Macron die Mehrheit.
    Nach der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich liegt Macrons Wahlbündnis nur knapp vorne. Gewählt hatten im ersten Wahlgang nur 47 Prozent der Wahlberechtigten.13.06.2022 | 4:13 min

    Wie wichtig ist ein Sieg für Macron?

    Für den Präsidenten ist eine Mehrheit in der Nationalversammlung nicht nur wichtig, um Gesetze durchzubringen. Das Unterhaus, also die Nationalversammlung, kann die Regierung auch per Misstrauensvotum stürzen. Sollte ein anderes Lager als das von Macron die absolute Mehrheit erhalten, wäre er deshalb faktisch gezwungen, einen anderen Regierungschef zu ernennen. Ein solches Szenario gilt derzeit jedoch als unwahrscheinlich.
    "Die Franzosen wollen, dass Macron weiterregiert, aber der große Enthusiasmus ist ein bisschen verflogen", sagt ZDF-Korrespondent Thomas Walde zur Parlamentswahl in Frankreich.13.06.2022 | 2:49 min
    Verliert Macron die absolute Mehrheit in der Parlamentskammer - und dies ist nach dem Ergebnis der ersten Wahlrunde denkbar - müssen er und die Regierung sich für ihre Vorhaben Unterstützung aus der Opposition suchen. Seine Position wäre geschwächt.

    Wie läuft die Wahl ab?

    Die Abgeordneten werden nach dem Mehrheitswahlrecht direkt vom Volk gewählt. Wer mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen in seinem Wahlkreis erhält, bekommt den Parlamentssitz, sofern dies mindestens einem Viertel der eingeschriebenen Wähler dort entspricht. Das haben in der ersten Runde am vergangenen Sonntag aber nur fünf Abgeordnete geschafft.
    Die Großzahl der Sitze wird in einer Stichwahl an diesem Sonntag vergeben. In diese Endrunde kommt, wer mindestens 12,5 Prozent der Stimmen der eingeschriebenen Wählerinnen und Wähler bekommen hat.
    Weil die Wahlbeteiligung bei der Parlamentswahl aber oft niedrig ist, ist auch das für viele Kandidaten ein Hindernis. In jedem Fall kommen aber die beiden Erstplatzierten weiter. Es gewinnt in der zweiten Runde dann die Person mit den meisten Stimmen.
    Die Wahl findet traditionell nur wenige Wochen nach der Präsidentschaftswahl statt. Viele in Frankreich sehen sie als Bestätigung des vorherigen Ergebnisses. Es beteiligen sich daher mehr Unterstützer des Gewinners als der unterlegenen Kandidaten.

    Wie wirkt sich das Wahlsystem auf die Sitzverteilung aus?

    Das Mehrheitswahlrecht macht es kleinen Parteien bei der Parlamentswahl schwer. Denn sie schaffen es oft gar nicht erst in die zweite Runde. Weil am Ende nur die Stimmen für den Gewinner im Wahlkreis über die Sitzvergabe entscheiden, beklagen viele in Frankreich, dass das Parlament wenig repräsentativ ist.
    So kamen Marine Le Pens Rechtsnationale 2017 in der ersten Runde zwar auf 13,2 Prozent der Stimmen, erhielten letztlich aber nur 8 der 577 Sitze, was etwa 1,4 Prozent entspricht.

    Parlamentswahl in Frankreich
    :Emmanuel Macron kämpft um die Mehrheit

    Kann Emmanuel Macron seine Reformen in der zweiten Amtszeit wie geplant umsetzen? Das neue Linksbündnis Nupes könnte seine Pläne durchkreuzen.
    von Claudia Oberst
    Frankreich, Le Touquet: Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, trifft mit gefalteten Händen vor dem Wahllokal ein, um seine Stimme in der ersten Runde der französischen Parlamentswahl abzugeben.
    Quelle: dpa

    Mehr zur Parlamentswahl in Frankreich