Was für ein "Coming-Out"! Bis auf die von der AfD: Alle unsere Spitzenpolitiker sind in Wahrheit beinharte Klimaschützer. Warum nur haben sie das so lange geheim gehalten?
So klingt die neue Dynamik der deutschen Klimapolitik: "Im Interesse der nachfolgenden Generationen überall auf der Welt kommt es darauf an, dass wir rasch und entschlossen handeln, um die dramatischen Folgen der Erderwärmung zu begrenzen", sagte unsere Bundeskanzlerin Merkel während des Petersberger Klimadialogs.
Mit Verlaub: Solche Sätze habe ich zum ersten Mal 1992 gehört. Damals berichtete ich für das ZDF von der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro. Es war die Geburtsstunde der Klimarahmenkonvention, des völkerrechtlichen Fundaments allen Klimaschutzes.
Bisher virtueller Klimaschutz
Rasch und entschlossen handeln: Keine Regierung der Welt hat bisher Klimaschutz so angefasst, dass die vollmundigen Vorgaben auch sicher erreicht werden können. Im Gegenteil: Stets wurden Ziele in Absprache mit diversen Lobbyisten so gewählt, dass per Hinmogelei so eine Art virtueller Klimaschutz entstanden ist.
Jüngstes Beispiel: Elektroautos werden als Null-Emissions-Fahrzeuge gerechnet. Blanker Unsinn. Denn noch lange nicht wird jeder Akku mit Ökostrom geladen. Und vor allem die Produktion der Batterien schafft einen dicken CO2-Rucksack. Und natürlich brauchen auch E-Autos Stahl und Kunststoffe. Erst langsam dämmert es, dass man tatsächlich die gesamte Produktionskette anschauen muss.
Jobmotor Klimaschutz
Und da haben wir ja schon einen Punkt, der das große Schweigen unserer nun klimaschutzbeseelten Politiker erklärt: Angst um Arbeitsplätze! Natürlich. Echter Klimaschutz heißt nach wie vor: Umbau der Wirtschaft. Weg von fossilen Energien, hin zu erneuerbaren. Da gehen erstmal Arbeitsplätze verloren.
Bleiben wir beim Auto. Ein moderner Dieselmotor besteht aus rund 800 Teilen, ein Elektromotor aus 80. Da kann sich jeder ausmalen, was das für Hersteller und Zulieferer bedeutet. Die USA mit Präsident Biden geben hier ein Signal: Über eine Million neue Jobs allein in den 2020er Jahren bringe der Umstieg ins Öko-Zeitalter unter dem Strich, so eine aktuelle Studie der Princeton-Universität (New Jersey). Das wäre doch schön, wenn unsere Klima-Polit-Stars uns auch mal solche Rechnungen präsentieren würden.
Machen statt maulen
Im Petersberger Dialog, der ja eigentlich ein Multilog ist, weil rund 40 Fachminister aus aller Welt teilnehmen, wird zum x-ten Mal hin und her diskutiert, wie denn das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen ist.
Wie wäre es mit: Machen statt maulen! Tacheles reden, mit den Industrieländern, aber auch mit China und Indien. Kommen diese Länder nicht schneller auf Klimakurs, nutzen unsere neuen Ziele auch nichts. Zur Erinnerung: Die Erderwärmung findet nicht nur in Deutschland statt.
Drei Fragen
Ich komme da auf ein paar Fragen, die möglicherweise den ideologisch-populistischen Klimaschützern, gleich aus welchem Lager, nicht gefallen werden.
Die erste: Angenommen, ich habe 100 Millionen Euro für ein Investment in Klimaschutz. Wo kann ich damit am meisten CO2 vermeiden? Wirklich in Deutschland? Oder doch eher z.B. in Südafrika? Denn da werden weiter munter Kohlekraftwerke gebaut.
Die zweite: Warum keine Technologieoffenheit beim Klimaschutz? Beispielsweise müsste nicht ein einzelnes Wohngebäude CO2-neutral werden, sondern ein Quartier, ein ganzer Stadtteil. Nur im Verbund lassen sich wirtschaftlich vernünftige Lösungen finden. Das aber widerspricht dem Klimaschutzgesetz.
Die dritte: Wo bleiben die Forschungsmilliarden, die jetzt notwendig sind, um zum Beispiel "grünem" Wasserstoff als Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen?
Neuer Schuldenberg
Apropos Milliarden: Echt dumm jetzt, dass die Corona-Hilfsgelder nicht deutlicher an Klimaschutzauflagen gekoppelt wurden. Viele neue Milliarden zum Erreichen der Klimaschutzziele werden hinzukommen. Klar, eine gute Investition. Auf Pump. Den gigantischen Schuldenberg abtragen muss übrigens genau die Generation, der das Bundesverfassungsgericht gerade den Weg für mehr Klimaschutz geebnet hat.
Es lebe das Grundrecht auf Freiheit!
- Klimagesetz: Habeck will konkrete Maßnahmen
Grünen-Chef Habeck begrüßt die Reform des Klimagesetzes und fordert konkrete Maßnahmen. Indes kritisieren Fridays for Future die neu vorgelegten Eckpunkte zur Nachbesserung scharf.