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Interview

Wenn Geld nicht alles ist : Landwirtschaft: Kooperation statt Konkurrenz

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Finanzieller Erfolg allein? Das reicht Unternehmern wie Klaus Engemann nicht. Er will sozial gerecht und nachhaltig arbeiten - und das in einer besonderen Geschäftsbilanz zeigen.

Wohlstand bedeutet aus Geld mehr Geld machen. Doch es gibt Menschen, die an einer neuen Definition von Wohlstand arbeiten. Die Idee: Geld verdienen und Gutes tun. Wie geht das?

Beitragslänge:
30 min
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ZDFheute: Sie wollen mit ihrem Betrieb zum Gemeinwohl beitragen und setzen auf Kooperation statt Konkurrenz. Warum ist Ihnen das wichtig?

Klaus Engemann: Zuerst haben mein Bruder und ich uns für die ökologische Landwirtschaft eingesetzt. Auf den Feldern vielen Arten einen Lebensraum geben, klimafreundlich arbeiten - das machen wir in unserem landwirtschaftlichen Biobetrieb seit langem.

Aber für uns sind auch Solidarität und Gerechtigkeit wichtige Werte - zum Beispiel, dass wir gut mit anderen Betrieben und unseren Mitarbeitern zusammenarbeiten.
Klaus Engemann

Eigentlich sollte es normal sein, so zu wirtschaften, dass es der Gemeinschaft nützt. Unser Grundgesetz sagt, Eigentum soll dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Wenn ich mir die Wirtschaft im Moment anschaue, dient vieles aber mehr dem Geld und nicht dem Wohlergehen der Menschen.

ZDFheute: Sie betreiben neben der Landwirtschaft einen großen Obst- und Gemüsehandel. Was bedeutet es konkret in Ihrem Unternehmen, wenn sie das Wohl der Allgemeinheit fördern?

Klaus Engemann: In unserem Handel suchen wir die Zulieferer nicht danach aus, wer uns das Gemüse am billigsten verkauft. Uns sind faire Preise und persönlicher Kontakt wichtig, mit vielen haben wir seit Jahren enge Kooperationen. Bei unseren eigenen Angestellten im Handel achten wir darauf, dass sie einen Lohn bekommen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt gut bestreiten können. Bei uns soll niemand überlegen müssen: Komme ich bis zum Monatsende oder nicht?

Auch in unserem landwirtschaftlichen Betrieb kümmern wir uns um gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen möglichst viele feste Arbeitsplätze schaffen. Deshalb haben wir zum Beispiel angefangen, auch Chicorée anzubauen - der hat im Winter Saison und damit können wir mehr Menschen das ganze Jahr beschäftigen. So konnten wir den Anteil der klassischen Erntehelfer reduzieren.

ZDFheute: Wie unterscheidet sich die tägliche Arbeit in Ihrem Betrieb von anderen Unternehmen?

Klaus Engemann: Transparenz, Mitbestimmung und gute Zusammenarbeit sind uns sehr wichtig. Wir besprechen in sogenannten "Qualitätszirkeln" alle Themen, die uns gemeinsam betreffen - zum Beispiel wie das Unternehmen sich weiterentwickelt. Bei diesen Gesprächen sind alle Mitarbeiter dabei, unabhängig von der Stellung im Betrieb. Bei unserem Gemüsehandel sind zum Beispiel auch der LKW-Fahrer dabei oder die Mitarbeiterin aus dem Hofladen. Im Qualitätszirkel gilt das Prinzip: Alle Meinungen werden gleichwertig gehört.

Besonders konventionelle Schweinezüchter leiden unter den Dumpingpreisen für Fleisch. Den Biolandwirten geht es da besser. Aber auch sie fordern mehr Unterstützung vom grünen Landwirtschaftsminister.

Beitragslänge:
4 min
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ZDFheute: Ihr Unternehmen hat auch eine "Gemeinwohl-Bilanz" erstellt und veröffentlicht, was sie für das Gemeinwohl tun. Warum?

Klaus Engemann: Wir machen ja auch eine normale Finanzbilanz und ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit damit, wie man auch Leistungen für Gemeinwohl sichtbar machen kann - zum Beispiel gegenüber den Kunden oder gegenüber Fachkräften und Bewerbern. Wie kann man Mitbestimmung oder Regionalität erkennbar machen und wie sind solche Bewertungen auch vergleichbar? Die Gemeinwohl-Bilanz (siehe Infobox, Anm. d. red.) bietet die Möglichkeit, das mit einem standardisierten Verfahren darzustellen. Das kommt meiner Vorstellung von Transparenz sehr entgegen.

ZDFheute: Ist das nicht ein großer Aufwand?

Klaus Engemann: Ja, es ist ein Aufwand. Aber einfach kann ja jeder, würde ich mal sagen. Und wir haben auch selbst Vorteile von der Bilanz: Wir sehen, was wir schon gut machen und wo wir uns noch verbessern können. Weil man für die Bilanz den ganzen Betrieb systematisch durchgeht, kommt man auch auf neue Ideen, sieht neue Stellschrauben, um Dinge zu verbessern. Wir selbst sind im Bereich Umwelt schon sehr gut, vielleicht ein Vorzeigeunternehmen. Bei der Mitbestimmung haben wir schon einiges getan, wollen aber noch besser werden.

ZDFheute: Würden Sie sich wünschen, dass mehr Betriebe auf das Gemeinwohl achten?

Klaus Engemann: Ja, ganz eindeutig ja. Im Kreis Höxter gibt es eine Stiftung zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie. Das finde ich sehr unterstützenswert, das war für uns ein Anlass, die Bilanz zu machen. Die Stiftung hat das Ziel, hier den ersten gemeinwohlbilanzierten Kreis Deutschlands zu entwickeln.

Eine ganze Reihe von Kommunen und Unternehmen haben schon eine Gemeinwohl-Bilanz. Das ist nicht nur was für die Biobranche. Die regionale Bank hat sich bilanzieren lassen, auch ein Unternehmen, das die chemische Industrie berät und natürlich Handwerksbetriebe. Das Spektrum geht einmal quer durch die Wirtschaft. Und so sollte es sein.

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