EU und Polen: Worum geht es im Streit über die Justizreform?

    FAQ

    EuGH-Urteil zum Obersten Gericht:Worum geht es im Justizstreit mit Polen?

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    Die EU beklagt schon länger unzureichende Unabhängigkeit der Justiz in Polen. Nun steht ein weiteres EuGH-Urteil an. Worum geht es in dem Streit?

    Richterhammer und Figur der Justitia vor Europa-Flagge
    Der Europäische Gerichtshof hatte wegen der Justizreformen bereits ein Zwangsgeld gegen Polen verhängt. (Symbolbild)
    Quelle: colourbox

    Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verkündet ein weiteres Urteil zu den Justizreformen in Polen. Konkret geht es um ein Gesetz aus dem Jahr 2019, mit dem Polen nach Einschätzung der EU-Kommission die Unabhängigkeit polnischer Richter unzulässig beschnitt. Das Urteil dürfte auch Einfluss auf das im Eilverfahren gegen Polen verhängte Zwangsgeld haben.

    Was war zuvor passiert im Justiz-Streit zwischen Polen und der EU?

    Die EU geht seit Anfang 2016 wegen mehrerer Justizreformen gegen Polen vor. Sie wirft der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. Hierzu ergingen bereits mehrere Entscheidungen des EuGH.
    So verwarfen die Luxemburger Richter ein Gesetz aus 2017 als rechtswidrig, mit dem Polen das Rentenalter von Richtern generell herabgesetzt und gleichzeitig dem Justizminister die Möglichkeit eingeräumt hatte, dies im Einzelfall wieder zu verlängern. Später mahnte der EuGH auch eine unabhängige Überprüfung von Rechtsmitteln gegen die Versetzung von Richtern an.

    Was sind die umstrittenen polnischen Justizreformen?

    Kern der polnischen Justizreformen war 2018 eine Neuausrichtung der beim Obersten Gericht angesiedeltem Disziplinarkammer. Sie ist für Disziplinarverfahren gegen Richterinnen und Richter der ordentlichen Gerichte und auch des Obersten Gerichts selbst zuständig.
    Die Mitglieder der Kammer werden auf Vorschlag des Landesjustizrats vom polnischen Präsidenten berufen. Der Landesjustizrat wird von der Abgeordnetenkammer gewählt.
    Gleichzeitig wurde die Disziplinarordnung dahingehend geändert, dass der Inhalt eines Urteils und auch die Vorlage eines Verfahrens an den EuGH Grund für ein Disziplinarverfahren gegen die beteiligten Richter sein kann. Dies rügte der EuGH bereits 2021 als unzulässig. Die Disziplinarkammer verwarf er zunächst im Eilverfahren als rechtsstaatswidrig.

    Wie reagierte die EU auf die Justizreformen in Polen?

    Im April 2021 verhängten die Luxemburger Richter deswegen gegen Polen ein Zwangsgeld von einer Million Euro täglich. Dieses wurde im April auf eine halbe Million Euro halbiert, nachdem Polen die umstrittene Disziplinarkammer für Richter wieder abgeschafft hatte. Das nun anstehende Urteil wird auch Einfluss auf künftige Entscheidungen über das verhängte Zwangsgeld haben.

    Worum geht es in dem aktuellen Verfahren des Europäischen Gerichtshofs?

    Im nun zu entscheidenden Verfahren geht es um zwischenzeitliche Änderungen der Disziplinarordnung und der Disziplinarkammer aus dem Jahr 2019. Die EU-Kommission verklagte Polen erneut, weil die Unabhängigkeit der Richter weiterhin nicht gewährleistet sei. Damit sei nun auch die Möglichkeit der Gerichte eingeschränkt worden, sich auf EU-Recht zu berufen.

    Polnisches Unterhaus
    :Gesetz zur Justizreform verabschiedet

    In Polen wurde ein Gesetz zur Reform des Justizwesens verabschiedet. Auf diesem Wege könnte das Land an 35 Milliarden Euro Corona-Hilfsgelder kommen, die Brüssel bislang sperrt.
    Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei seiner Ankunft zum EU-Gipfel.
    Quelle: AFP
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