An der polnisch-ukrainischen Grenze zeichnen sich zwei Trends ab: Weniger Menschen flüchten gen Westen - und mehr Menschen kehren in die Ukraine zurück. Warum tun sie das?
Immer mehr Menschen flüchten vor dem Krieg in der Ukraine. So haben sich am Montag rund 13.700 Menschen über die polnisch-ukrainische Grenze in Richtung Westen in Sicherheit gebracht. Doch gleichzeitig überquerten 11.400 Personen die 500 Kilometer lange Grenze gen Osten. Das teilte der polnische Grenzschutz am Dienstag bei Twitter mit.
Warum fahren Menschen zurück ins Kriegsgebiet?
"Unter den Menschen sind mehrheitlich erwachsene Männer, die da hinfahren, um sich bei der ukrainischen Armee oder der Territorialverteidigung der Ukraine zu melden", erklärt Igor Horkow, Vorsitzender der Przemyśler Zweigstelle des Bundes der Ukrainer in Polen (ZuwP).
Natalie Steger über die aktuelle Lage an der Grenze
Doch auch Menschen, die sich durch die Aufhebung der Belagerung von Kiew motiviert fühlten, die ihre Eltern in der Heimat zurücklassen mussten oder die einfach nur ihren kämpfenden Ehemännern und Vätern nahe sein wollen, kehrten zurück.
Zu den Zurückkehrenden gehört auch Tetiana, sie fährt zurück nach Lemberg:
Horkow rät von Rückreisen ab, "weil vor ein paar Tagen Lemberg beschossen wurde, also gar keine Region in der Ukraine sicher ist".
[Sehen Sie hier, warum Ukrainerinnen und Ukrainer, die nach Polen geflohen waren, wieder zurück in die Ukraine fahren:]
Inzwischen kehren ukrainische Flüchtlinge aus Polen wieder zurück in die Ukraine. Stimmen von der polnisch-ukrainischen Grenze, wo es derzeit Bewegungen in beide Richtungen gibt.
Bald wieder mehr Einreisen nach Polen?
Mit Beginn der neuen Offensive der russischen Armee in der Ukraine rechnet Horkow auch wieder mit vermehrten Einreisen von Geflüchteten nach Polen.
Maciej Maruszak, Direktor der lokalen Abteilung des Polnischen Roten Kreuzes (PCK), hingegen sagt über die möglicherweise neu ankommenden Flüchtlinge:
Dennoch sei das Polnische Rote Kreuz darauf vorbereitet, eine größere Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen.
Kanzler Scholz berät heute mit Vertretern von Ländern, Kommunen und Verbänden, um über die Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine zu sprechen. Auch die Integration in den Arbeitsmarkt ist Thema.
Versorgungsstation für mitgebrachte Haustiere
Die Hilfsbereitschaft in Polen bleibt auch zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion ungebrochen. Im Grenzbahnhof von Przemyśl etwa verteilen Helfer Essen und Getränke an die Geflüchteten, tragen ihre Koffer, erteilen ihnen Auskunft. Es gibt Spielzeug für die Kinder, Psychologen stehen bereit - selbst für die Haustiere, die aus der Ukraine mitgebracht wurden, ist eine Versorgungsstation aufgebaut.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich am Grenzübergang Medyka ab. Auch hier begegnen polnische und viele internationale Helfer den Geflüchteten mit einer Reihe von Hilfsangeboten, die dankbar angenommen werden. Es sind besonders freiwillige Helfer, die den Menschen zur Seite stehen.
- Vergewaltigung als Kriegswaffe
In der Ukraine häufen sich Berichte über Vergewaltigungen durch russische Soldaten. Sie werden als Kriegswaffe eingesetzt - eine Strategie, die nicht neu ist.
Geflüchtete Mutter mit Kind: "Wir sind sehr dankbar"
Es sind diese Orte, an denen sich Szenen abspielen, von denen es an der polnischen Grenze viele gibt. Mutter Yuliia konnte mit ihrer Tochter Emiliia vor einer Woche aus dem besetzten Cherson fliehen, morgens um fünf erreichte sie Przemyśl. "Ja, sie helfen, sie haben uns heute Morgen auch Essen gegeben. Wir sind sehr dankbar, weil so eine Situation, in der wir sind...", sagt sie und bricht ab. "Weine bitte nicht", sagt Tochter Emiliia mit sanfter Stimme. Yuliia fasst sich und führt fort: "Wir wollten uns gar nicht in so einer Situation befinden."
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