Nachdem Polens regierende Partei PiS die Kontrolle über die öffentlich-rechtlichen Medien gewann, will sie nun die Privatmedien auf Linie bringen - mit Hilfe staatlicher Konzerne.
Aus seiner Vision hat der Übervater von Polens nationalkonservativer Regierungspartei PiS nie einen Hehl gemacht. Schon vor zehn Jahren, da war die PiS noch in der Opposition, spricht Jaroslaw Kaczynski es offen aus: "Der Tag wird kommen, dass wir es schaffen, dass wir in Warschau ein Budapest haben werden." Vorbild also damals schon Orbans bereits umgebautes Ungarn - gerade in Sachen Medienkontrolle.
Und die PiS zieht die Vision ihres Vorsitzenden seit ihrem Amtsantritt Ende 2015 durch. Es ist der Beginn eines Kampfes gegen unliebsame Medien und Journalisten. 2015 belegte Polen auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" noch Platz 18, aktuell Platz 64 von 180.
"Demokratische Korrektur" für Polens Medien
Die öffentlich-rechtlichen Medien, allen voran der TV-Sender TVP, wurden als erstes stramm auf PiS-Linie gebracht. Die Regierung zeigte ihr sehr eigenes Verständnis von Medienfreiheit. "Eine demokratische Korrektur", nannte es Kulturminister Piotr Glinski, "jemand hat die Wahlen gewonnen und führt jetzt die öffentlich-rechtlichen Medien."
TVP präsentierte im letzten Präsidentschaftswahlkampf den Kandidaten der Nationalkonservativen, Amtsinhaber Andrzej Duda, als Superstar. Thomas Boserup, Wahlbeobachter der OSZE, dazu: "Wie schon in der ersten Wahlrunde versagte die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunkts bei seiner gesetzlichen Pflicht, unparteiische Berichte über beide Kandidaten und ihren Wahlkampf zu liefern."
PiS will private Medien "repolonisieren"
Doch in Polen gibt es noch unabhängige Medien. Und nicht wenige sogar. Aber für sie wird es nicht leichter. Ein Gesetzentwurf wurde auf den Weg gebracht, das private Medien eine neue Steuer auf Werbeeinnahmen aufbrummen will - während TVP mit Millionen Steuergeldern subventioniert wird.
Letzter Coup: Die PiS will die Privaten "repolonisieren"; sprich, ausländisches Kapital aus dem Markt drängen. Polens staatlicher Ölkonzern Orlen besitzt jetzt nicht nur Tankstellen, sondern ist auch stolzer Medienunternehmer.
Orlen hat in großem Stil die Polska Press aufgekauft, bis dahin in deutschen Händen der Verlagsgruppe Passau. Orlen-Chef Daniel Obajtek, enger Vertrauter der PiS-Führung, frohlockte: "Wir übernehmen 20 von 24 der in Polen publizierten Regionalzeitungen. Wir werden auch 500 Online-Portale besitzen. Dank der Transaktion werden wir den Zugang zu fast 17,5 Millionen Nutzern dieser Portale erlangen."
Machtausbau der PiS durch Regionalzeitungen
Regionale Zeitungen sind für die PiS besonders interessant. Ihre Abonnenten sind vor allem Bewohner des katholisch geprägten ländlichen Polens - ihre Wählerschaft. Regionale Zeitungen plus öffentlichen Rundfunk in der Hand, baut die Macht der PiS aus.
"Das sind nicht die Standards, die wir aus Ländern, die die Medienfreiheit pflegen, kennen", sagt Krzysztof Zyzik, Chefredakteur der Lokalzeitung NTO in Oppeln. "Das kann man nur mit Russland oder Ungarn vergleichen. Insbesondere der Vergleich mit Gazprom, der auch ein solcher Ölkonzern (Anm. der Red: wie Orlen) ist, scheint am meisten legitim."
Kacynskis Budapest-Vision
Zyzik hat seinen Posten - noch; doch das "Aufräumen" hat letzten Donnerstag begonnen. Da teilte Polska Press mit, dass die Chefredakteure von drei regionalen Zeitungen nicht mehr im Amt sind.
Polens Ombudsmann hat gegen die Übernahme von Orlen geklagt - und daraufhin hatte eigentlich das Warschauer Gericht für Konkurrenz und Wettbewerb Mitte April gefordert, bis zu einem endgültigen Urteil auf Änderungen im Verlag zu verzichten - Orlen tut dies dennoch.
Offenbar wissend, dass er mit seinen Kontakten in Polen am Ende am längeren Hebel sitzt. Denn die "Repolonisierung" der Medien und der größere Einfluss auf den Medienmarkt sind Schlüsselelemente der Pläne der Regierung und von PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski, und seiner Budapest-Vision für Warschau.
Mitarbeit: Roman Krysztofiak