Von Abtreibungsverbot bis hin zu einem Schwangerschaftsregister: Die Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) verschärft erneut die polnischen Gesetze über den weiblichen Körper.
Am 22. Oktober 2020 wurde in Polen das Recht auf Abtreibung von schwer fehlgebildeten oder erkrankten Föten nach einem Urteil des Verfassungsgerichts verboten. Die Abtreibungen sollen gegen die Verfassung verstoßen. Trotz der "schwarzen Proteste", die seit 2016 eine große mediale Aufmerksamkeit erlangten, wurde das Gesetz im Januar 2021 verschärft.
Abtreibung ist nur noch im Falle einer Schwangerschaft als Ergebnis einer Straftat, wie Vergewaltigung oder Inzest, oder bei einer Gefahr des Lebens der Frau erlaubt. Dies betrifft nur etwa zwei Prozent aller offiziellen Schwangerschaftsabbrüche - in Polen gab es bereits vor der Änderung nur etwas mehr als 1.000 legale Abtreibungen jährlich.
Polin starb, weil Ärzte Abtreibung ablehnten
Doch auch nach der Verschärfung des Abtreibungsrechts hielt der Streik der Frauen an. Diesmal unter dem Motto "Keine einzige mehr". Mittelpunkt der Proteste war der Fall der 30-jährigen Izabela, die in ihrer 22. Schwangerschaftswoche eine Sepsis erlitt. Die Ärzte wollten warten, bis das Herz des Fötus aufhören würde zu schlagen. Diese Entscheidung verurteilte Izabela zum Tode.
Sie war nicht der einzige Fall. Sichere Abtreibung ist kaum möglich. Ärzte befürchten Strafen. Hier kommt die Initiative "Abtreibung ohne Grenzen" zum Einsatz. Sie setzt sich dafür ein, Frauen, die in Polen einen Schwangerschaftsabbruch benötigen, zu informieren, zu unterstützen und zu finanzieren.
Wie verkraften es Eltern, wenn ihr Kind tot zur Welt kommt? Unsere Protagonist*innen erlebten auf unterschiedliche Weise Schicksalsschläge, die kaum zu ertragen sind.
34.000 Frauen haben im Ausland abgetrieben
Dafür werden Abtreibungen im Ausland durchgeführt oder Abtreibungspillen zugestellt. In den nach der Gesetzesverschärfung folgenden zwölf Monaten hat "Abtreibung ohne Grenzen" 34.000 Menschen den Zugang zu einer Abtreibung ermöglicht. Wird nun berücksichtigt, wie viele Abtreibungen vor dem Urteil in polnischen Krankenhäusern durchgeführt wurden, kann man sagen, dass "Abtreibung ohne Grenzen" fast alle Schwangerschaftsabbrüche, die zuvor von polnischen Krankenhäusern durchgeführt wurden, übernommen hat.
Die Schwangerschaftsabbrüche werden nun von feministischen Organisationen getragen, die durch Spendengelder finanziert werden. Die Dunkelziffer der Abtreibungen liegt vermutlich weit über den bekannten Zahlen. Der Vorteil der Initiative ist, dass eine Abtreibung im Ausland nicht strafrechtlich verfolgt werden kann. Ebenso ändert es sich nicht, dass eine schwangere Frau für den eigenen Schwangerschaftsabbruch nicht bestraft werden kann.
Schwangerschaftsregister sorgt für Aufregung
Neben dem Abtreibungsverbot sorgt nun das bald anlaufende sogenannte Schwangerschaftsregister für Aufregung. In dieses muss jede Schwangerschaft eingetragen werden. Das muss nicht von Gynäkologen erfolgen, sondern kann von jedem Arzt eingetragen werden, der von einer Schwangerschaft erfährt.
Unter Bevölkerung und Ärzten kursieren Bedenken, ob es sich hinter der Idee des Schwangerschaftsregisters nicht um Überwachung und Kontrolle handelt. Gynäkologen berichten von immer mehr Patientinnen, die Angst haben. Angst, was solche Informationen für Konsequenzen mit sich bringen können.
Regierung lehnt Liberalisierung ab
Die Regierung versichert, dass dies nur ein medizinischer Schritt zur Vorsorge sei. Gynäkologe Ryszard Rutkowski meint aber:
Zuletzt hat die national-konservative Regierungskoalition mit ihrer Mehrheit im Juni einen bürgerlichen Gesetzentwurf zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts abgeschmettert. Dieser sah unter anderem das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche vor. Neben Protesten für das Abtreibungsrecht gibt es auch einige konservative Proteste dagegen. Der Streit um das Recht auf Abtreibung spaltet die polnische Gesellschaft weiterhin.